Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 55. Sitzung / Seite 196

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einzudecken. Wir sind jedenfalls gerne bereit, soweit wir noch im Einsatz sind, diese Tätigkeiten zusätzlich zu übernehmen.

Meine Damen und Herren! Ich bedanke mich sehr – auch namens meiner beiden Amtskolleginnen, und vor allem namens unserer Mitarbeiter – für die vielen freundlichen und lobenden Worte, die Sie für die Tätigkeit unseres Hauses gefunden haben. Ich möchte nicht verhehlen, dass wir noch einige offene Anliegen haben, von denen wir es gerne hätten, dass sie von Ihnen weiter beobachtet und weiter betrieben würden, etwa die Mitwirkungsmöglichkeit der Volksanwälte in den Ausschüssen, etwa das Antragsrecht – was ja im Regierungsprogramm ohnedies vorgesehen ist – oder die gesetzliche Verankerung von Fristen zur Beantwortung von Anfragen. Diesbezüglich bedürfen wir ebenfalls dringend der Unterstützung seitens des Nationalrates, damit manche Minister sich nicht vor der Beantwortung unbequemer Fragen oft Monate über Monate drücken können.

Schließlich möchte ich auch mein Ceterum censeo der letzten Jahre nicht unwiederholt lassen. Es entsteht ein zunehmend größer werdendes Rechtsschutzdefizit in all jenen Bereichen, in denen ausgegliederte Rechtsträger nicht mehr der Kontrolle durch die Volksanwaltschaft unterliegen. Auch Herr Rechnungshofpräsident Dr. Fiedler hat festgestellt, dass hier ein bedauerliches Rechtsschutzdefizit entstanden ist, weil zwar der Rechnungshof diese ausgegliederten Rechtsträger überprüfen darf, aber der Bürger nicht die Möglichkeit hat, sich bei der Volksanwaltschaft über diese ausgegliederten Rechtsbereiche zu beschweren.

Gegen diese Anliegen liegt eine strikt ablehnende Stellungnahme des damaligen Finanzministers vom 9. Oktober 1997 vor. Der damalige Herr Bundesminister Edlinger bezeichnete die Vorschläge als unnötig. Die Prüfung der Beschwerden über ausgegliederte Rechtsträger würde seiner Meinung nach dem Sinn und Zweck der Ausgliederung dieser Rechtsträger widersprechen. Die Rechnungshofkontrolle sei völlig ausreichend. Folgerichtig würde der Sinn der Ausgliederung im Wesentlichen in der Ausschaltung der Möglichkeit der Einzelbeschwerde an die Volksanwaltschaft liegen. Gegipfelt hat die Stellungnahme darin: Der Bürger kann sich ja auf den Zivilrechtsweg begeben und den mächtigen Staat oder den ausgegliederten Rechtsträger klagen, wenn er glaubt, von ihm benachteiligt worden zu sein.

Das ist auch nicht gerade eine sehr bürgerfreundliche Haltung, muss ich sagen. Wenn man sagt: wenn dir an diesen ausgegliederten Rechtsträgern etwas nicht passt, darfst du zwar weiterhin die Schulden dieser ausgegliederten Rechtsträger abtragen, aber du musst gegen die Staatsmacht prozessieren, wenn du mit deren Tätigkeit nicht zufrieden bist – dann ist das doch ein Beweis dafür, dass soziale Kälte nicht erst im Jahre 2000 erfunden worden ist.

Diese "Edlinger-Doktrin" gilt de facto heute noch. Ich möchte sehr darum bitten, dass man sich dieses Schreiben des Herrn Ministers Edlinger aus dem Jahre 1997 im Finanzministerium noch einmal vornimmt und überprüft, ob diese Edlinger-Doktrin nach wie vor unverrückbar ihre Gültigkeit haben muss oder ob man nicht im Interesse von mehr Bürgernähe und Bürgerfreundlichkeit eine wesentlich bürgerfreundlichere Regelung ins Auge fassen sollte. Außerdem, meine Damen und Herren, ist diese Verweisung auf den Zivilrechtsweg völlig konträr zu dem, was das Justizministerium in den letzten Jahren sich zu erreichen bemüht hat, nämlich die Zahl der Gerichtsprozesse einzuschränken, zu reduzieren und Bagatellfälle im außergerichtlichen Bereich zu bereinigen.

Es gibt seit dem Jahre 1977 eine Institution, die auf die Tätigkeit als Mediator spezialisiert ist. Diese Mediation könnten wir in den Bereichen der ausgegliederten Rechtsträger weiterhin kostenlos für die Bürgerinnen und Bürger wahrnehmen, wenn man uns die Möglichkeit dazu einräumte. Ich möchte Sie sehr herzlich bitten, diese Überlegung im Auge zu behalten und den Bürgern diese Vermittlung zwischen den beschwerdeführenden oder Hilfe suchenden Bürgern und der Verwaltung durch die Volksanwälte zu ermöglichen.

Ich danke für Ihre lobenden Worte. Ich danke für Ihre Unterstützung und Ihr Verständnis für unsere Tätigkeit und wünsche Ihnen weiterhin viel Erfolg bei Ihrer Tätigkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

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