Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 55. Sitzung / Seite 198

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gehabt. Der Europäische Rat hat mit einer Verordnung vom Juni 1997 die "Europäische Stelle zur Beobachtung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit" mit Sitz in Wien beschlossen und eingerichtet. Und diese Stelle hat etwa ein Jahr später in Wien ihre Tätigkeit aufgenommen. Die offizielle Eröffnung dieser Stelle – manche werden sich noch daran erinnern – hat allerdings erst im April des Vorjahres stattgefunden.

Aufgabe dieser Einrichtung ist es, sowohl der Europäischen Gemeinschaft als auch ihren Mitgliedstaaten objektive, zuverlässige und vergleichbare Daten über Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus auf europäischer Ebene zur Verfügung zu stellen, damit einerseits möglich wird, dass die Mitgliedstaaten gegen diese Tendenzen etwas tun können, und andererseits auch ein Dialog zwischen den Mitgliedstaaten und den Einrichtungen der Europäischen Union zustande kommt, um einen Erfahrungsaustausch über Maßnahmen gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus zu ermöglichen und mit der Hoffnung verbinden zu können, dass dagegen wirksam vorgegangen wird.

Hohes Haus! Heute gelingt es – ich möchte fast sagen: endlich –, das Amtssitzabkommen für diese europäische Stelle zu ratifizieren. (Abg. Dr. Kostelka: Das wird man sehen!) Das Außenamt hat das Abkommen im Sommer 2000 fertig gestellt, der Ministerrat hat es beschlossen. Der Hauptausschuss hat es allerdings in zwei Sitzungen, am 4. Oktober und am 21. November des vorigen Jahres, mit den Stimmen der Regierungsmehrheit abgelehnt, die Ratifizierung vorzunehmen, wenn nicht zuvor die Leiterin dieser Stelle, Frau Dr. Winkler, sich einerseits für die Äußerungen rechtfertigt, die sie im Rahmen eines Berichtes an das Europäische Parlament getan hat, und wenn sie sich nicht andererseits – das war wohl der zweite dahinter stehende Grund – auch dafür rechtfertigt, dass zur offiziellen Eröffnung im April 2000 keine Mitglieder dieser Bundesregierung eingeladen worden sind.

Hohes Haus! Was ist der Grund, warum es lohnt, diese Vorgeschichte noch einmal anzusprechen? – Der Grund ist, dass das Vorgehen der Regierungsmehrheit in dieser Angelegenheit geradezu mustergültig – "mustergültig" ist vielleicht genau das falsche Wort –, geradezu beispielhaft belegt, wie man vorgehen muss, um nicht nur dem Ansehen dieser Regierung, das im Ausland vielleicht ohnehin nicht allzu hoch gewesen ist, sondern vor allem auch dem Land zu schaden. (Abg. Jung: Das habt ihr versucht, kräftig zu betreiben!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn Sie die Auffassungen bestätigen wollen, die zum Teil im Ausland über diese Regierung vorhanden sind – Sie werden diese vielleicht Vorurteile nennen –, wenn Sie diese Vorurteile wirklich verfestigen wollen, dann gehen Sie in der Außenpolitik, dann gehen Sie in der Europapolitik so vor, dass Sie eine solche Stelle nicht ratifizieren, weil es Ihnen nicht recht ist, was deren Leiterin sagt. Das ist genau die Form von Außenpolitik, die uns schadet! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

In beiden Sitzungen, in denen Sie mit Ihrer Mehrheit gemeint haben, Ihren Gefühlen Rechnung tragen zu müssen, haben wir versucht, darauf hinzuweisen, dass das Österreich schadet. Ich habe die Antwort der Frau Außenministerin in der zweiten dieser Sitzungen auch so verstanden, dass sie die gebotene Loyalität zu den Regierungsfraktionen nicht verraten, aber doch auch deutlich gemacht hat, dass das Außenamt der Meinung ist, dass dieser Vertrag zur Ratifizierung ansteht.

Ich bin froh, dass wir heute so weit sind, und ich kann für meine Fraktion sagen: Wir treten ohne jede Vorbedingung für die Ratifizierung dieses Amtssitzübereinkommens ein, weil wir der Überzeugung sind, dass diese Europäische Stelle zur Beobachtung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit Österreich und damit unseren österreichischen Interessen nützt und dient, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Wir würden Sie von den Regierungsfraktionen sehr dazu einladen, in vergleichbaren Fällen in Zukunft das Interesse Österreichs vor Ihre persönlichen Gefühle zu stellen, weil es in der Außenpolitik nicht darum geht, was Sie persönlich sich gewünscht haben würden, sondern es


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