Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 56. Sitzung / Seite 58

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Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet in dieser Debatte ist als nächste Rednerin Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte. (Abg. Dr. Khol: Jetzt gehen sie auf ihre eigene ehemalige Ministerin los, auf die Prammer! Das hat sie nicht verdient! – Gegenrufe bei der SPÖ.)

11.32

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Mit Statistiken lässt sich sehr viel verschleiern. Es sei mir erlaubt, einige Dinge im richtigen Licht darzustellen, noch einmal die Fakten auf den Tisch zu legen und damit auch die Kirche im Dorf zu lassen.

Wenn immer wieder auf die Kleinst-Strukturiertheit der österreichischen Landwirtschaft hingewiesen wird, dann muss man einmal ganz deutlich sagen, wie sich das verändert hat und wie viele Betriebe jetzt welche Größen haben. Wenn man auf die berühmten 40 Schweine pro österreichischem Durchschnittsbetrieb hinweist, verschweigt man wohlweislich die Entwicklung seit 1995. Bis zu diesem Zeitpunkt war es in Österreich überhaupt nicht möglich, mehr als 400 Schweine pro Betrieb zu haben. Mittlerweile haben wir Betriebe mit über 10 000 Schweinen, über 12 000 Schweinen. Mittlerweile haben 2 000 Betriebe mehr als 400 Schweine, und sie haben damit insgesamt 33 Prozent der Marktmacht inne. Ist das ein Trend zur Massentierhaltung, ja oder nein? – Meine Antwort ist eindeutig: ja.

Zum Zweiten: Wenn man sich jetzt hinstellt, in einer empörten Entrüstung so tut, als seien es nur einige schwarze Schafe, und weiterhin darauf beharrt und im Übrigen zur Tagesordnung übergeht, dann leugnet man eine der wichtigsten Lehren, die man aus diesem Skandal ziehen könnte; nämlich eine völlige Umorientierung der Agrarpolitik. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Frau Kollegin Achatz! Herr Kollege Wenitsch! Seit 1995 ist die EU-Agrarpolitik fest in der Hand der österreichischen ÖVP. Die Agrarpolitik in Österreich ist schon seit jeher fest in der Hand der österreichischen ÖVP. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Über weite Strecken hat man hier dem Druck einer bestimmten Lobby immer wieder nachgegeben. (Abg. Böhacker: Genauso wie die Budgetpolitik in der Hand der SPÖ!) Ich betone, es sind nicht die kleinsten Bäuerinnen und Bauern, die von diesem System profitieren, sondern es sind einige wenige: 1 Prozent der Landwirte erhalten genauso viel Förderung wie 40 Prozent der Kleinsten! Ist das nicht ein ungerechtes System? Regt Sie das als Landwirtschaftsfunktionäre nicht auch ein bisschen auf? Ist da nicht vielleicht auch im System irgendetwas faul?

"Der Standard" vom 24. Jänner schreibt: "Entweder sagt Landwirtschaftsminister Wilhelm Molterer die Unwahrheit, oder er weiß es nicht besser." – Als "blauäugig" wird der Minister bezeichnet. "Es wird seit Jahrzehnten gedealt, und die Politik ist Schmiere gestanden." (Abg. Zweytick: Der "Standard" weiß es "besser"!)

Was sind die Fakten? – Wir haben jetzt die Fakten halbwegs auf dem Tisch, und ich hoffe, dass das auch für den Herrn Bundesminister ausreicht, um eine politische Beurteilung zu machen: gut organisierte Verteilerringe, Landwirte, Futtermittelverkäufer, die auch als Dealer tätig sind. Wir haben einen abgeschätzten Markt von 100 bis 300 Millionen Schilling an illegalem Tierarzneimittelhandel in Österreich. Heute wurden wiederum zwei weitere Betriebe gesperrt. Ich glaube, jetzt ist es endlich an der Zeit, dass diese Theorie der schwarzen Schafe in sich zusammenbricht und dass man das auch zur Kenntnis nimmt. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Schwemlein. )

Der Fehler liegt im System. Herr Bundesminister, ich weiß, dass all die letzten Jahre nicht Sie allein zuständig waren. Es gibt eine sehr breite politische Verantwortlichkeit in diesem gesamten Bereich. Deswegen wollen wir auch eine lückenlose Aufklärung in Form eines Untersuchungsausschusses.

Ich möchte den Blick nochmals in die Vergangenheit richten und zeigen, seit wann die Fakten eigentlich auf dem Tisch liegen.


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