Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 56. Sitzung / Seite 171

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Jugendkriminalität im Vergehensbereich und bei Gewaltdelikten. Diesbezüglich ist sehr wohl zu hinterfragen, ob die besondere Milde gegenüber jungen Menschen, die Frau Kollegin Stoisits ja fordert, diese Entwicklung – nämlich das Ansteigen der Kriminalität – nicht forciert hat.

Zweifelsohne ist das Jugendgerichtsgesetz, das nun bereits mehr als zehn Jahre in Kraft ist, bei der Rückführung gestrauchelter Jugendlicher ein Erfolgsrezept und wird als solches international anerkannt. Bei der Prävention jedoch, bei der Abschreckung der Jugend vor Straftaten, hat diese besondere Milde unter dem Schlagwort, "keine Kriminalisierung, damit der weitere Weg nicht verbaut wird", das Gegenteil bewirkt, nämlich ein massives Ansteigen der Straftaten bei Drogendelikten und beim Diebstahl, da gerade diese Delikte ohnehin keine weiteren gravierenden Folgen gehabt haben.

Ein Strafgesetz hat jedoch für mich und auch für die Wissenschaft die Aufgabe, potentielle Täter abzuhalten. Wegen der zu erwartenden Folgen sollen in Zukunft Geldbußen, gemeinnützige Arbeit und Täter-Opfer-Ausgleich dafür eingesetzt werden, den Straftätern ihr normwidriges Verhalten auch zu verdeutlichen. (Zwischenrufe der Abg. Heinisch-Hosek. )

Wenn wir nunmehr keine Strafuntergrenze normieren, so appelliere ich an die Richterschaft, den präventiven Charakter einer verhängten Strafe sowohl für den Täter selbst als auch für künftige Täter nicht völlig außer Acht zu lassen – bedauerlicherweise ist das mehrmals bei Verurteilungen von Jugendlichen passiert.

Leider ist dieser mein Gedanke, den ich hier erläutert habe – nämlich die Milde der Strafe sehr wohl auch im Hinblick auf die Prävention zu hinterfragen –, ständig unter dem subtilen Vorwurf "Law and order" nicht ausreichend diskutiert worden, obwohl die Studie von Beclin und Grafl, die wir ja in der Enquete-Kommission diskutiert haben, eindeutig beweist, dass das Unrechtsbewusstsein von jungen Tätern drastisch im Schwinden begriffen ist und die Gewaltbereitschaft von Jugendlichen zunimmt. (Präsident Dr. Fasslabend übernimmt den Vorsitz.)

Um wieder Unrechtsbewusstsein bei jungen Erwachsenen zu wecken, sind wir für die gleiche Altersgrenze von 18 Jahren, sowohl, was die Volljährigkeit, als auch, was das Strafgesetzbuch betrifft. Wir nehmen die jungen Menschen ernst. Erwachsensein heißt volle Rechte, aber auch volle Pflichten, und Großjährigkeit bedeutet, auch Verantwortung zu übernehmen. (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek. )

Ein eigenes Heranwachsenden-Strafrecht, nämlich dann ein drittes Strafrecht neben dem Jugendstrafgesetz und neben dem Strafgesetzbuch, halten wir für entbehrlich, weil wir ja auch – und zwar auch für Erwachsene – die Diversion haben und damit im internationalen Vergleich weit voraus sind und einen vorbildlichen Weg eingeschlagen haben.

Zusätzlich haben wir mehrere Bestimmungen für bis 21-Jährige in das Strafgesetzbuch aufgenommen. Dass wir den außergerichtlichen Tatausgleich für Erwachsene schon seit einem Jahr haben, dürfte Ihnen anscheinend entgangen sein.

Mit den Regelungen, die wir hier normieren, können wir auf Jugendsünden adäquat reagieren. Jugendsünden brauchen nicht mehr mit einer gerichtlichen, strafrechtlichen Verurteilung zu enden, dafür haben wir die Diversion. Für darüber hinausgehende Straftaten aber – und das sind keine kleinen Kriminellen mehr, sondern das sind schon eher die "schwereren Brüder" – ist das Erwachsenenstrafrecht mit den dazugehörigen Anpassungen für den Jugendvollzug anzuwenden.

Ich hoffe, dass meine jetzige Skepsis gegenüber allzu großer Milde mit Straftätern dadurch entkräftet wird, dass wir künftig einen Rückgang bei der Kriminalität von jungen Menschen erleben werden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.02

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Ich gebe bekannt, dass der soeben in seinen Kernpunkten erläuterte Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Ofner, Dr. Fekter und Genossen auch schriftlich überreicht wurde und genügend unterstützt ist. Er steht daher mit in Verhandlung.


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