Die seit Jahren bestehenden gravierenden Gesetzeslücken im Lebensmittelrecht wurden trotz zahlreicher Ankündigungen bis heute nicht geschlossen. Die Systemlücken produzieren bei Verstößen gegen das Lebensmittelrecht Freisprüche am laufenden Band.
II. Keine zusätzlichen Kontrollen als Konsequenz aus der Fleisch-Krise
Die Bundesregierung vermittelt der Öffentlichkeit in den letzten Wochen den Eindruck, daß im Fleischbereich massiv kontrolliert wird. Medienwirksame Rindfleisch-Essen verschiedener Minister bis hinauf zum Bundeskanzler verstärken dieses Bild. Dabei werden als Konsequenz aus der Schweine-Affäre keine zusätzlichen Stichproben gezogen. Für die bisherigen ca. 30 000 BSE-Tests wurden keine zusätzlichen Kapazitäten geschaffen. In allen anderen Bereichen der Lebensmittelkontrolle fehlt es jetzt an Personal und Geld.
Trotzdem wird der Sparkurs bei der Lebensmittelkontrolle fortgesetzt, Personal und Budget weiter reduziert. Die geplante "Agentur für Ernährungssicherheit" ist eine "Pseudo-Lösung", die an Problemen wie Ressourcenknappheit und Gesetzeslücken nichts ändern wird.
Chaos, Überforderung und Nicht-Handeln prägen einen desaströsen Gesamteindruck in der aktuellen Lebensmittelpolitik und sind ein Armutszeugnis für den Konsumentenschutz in Österreich.
I. "Rechtsbrecher" werden systematisch geschützt
Lücken im Prüf-System
Krasse Lücken im Überprüfungssystem entlasten potentiell betroffene Landwirte viel zu früh. Der anhand von Blut- und Harnproben am lebenden Schwein durchgeführte Hemmstofftest untersucht neben Antibiotika nur weitere 26 Substanzen. Experten rechnen aber mit über hundert verschiedenen Substanzen, darunter beispielsweise Nachbauprodukte osteuropäischer Herkunft. Die Proben werden also auf die überwiegende Anzahl von relevanten Substanzen gar nicht untersucht. Vieles bleibt daher unentdeckt.
Zwischen einem positiven Hemmstofftest und der anschließenden durchzuführenden Fleischuntersuchung am geschlachteten Tier vergehen teilweise bis zu zwei Wochen. Durch die lange Wartezeit zwischen den zwei Tests sind Antibiotika dann nicht mehr nachweisbar. Die betroffenen Landwirte setzen die Antibiotika nach einem ersten positiven Test einfach ab, nach drei bis vier Tagen haben sich die Substanzen abgebaut. Betriebe, von denen positive Probenergebnisse vorliegen, durften wieder aufsperren. Denn eine Verurteilung erfolgt nur, wenn die illegalen Wirkstoffe auch im Fleisch geschlachteter Tiere nachgewiesen werden. "Die ganze Sache läuft ins Leere", wird ein Chemiker der Tierschutzorganisation Vier Pfoten im "profil" (26.2.2001) zitiert.
Chaos statt zentralem Management
Bei der Aufklärung der Affäre fehlt es an zentralem Management. Kriminalpolizei und Veterinäraufsicht arbeiten nebeneinander her, es gibt keine Koordination durch das Haupt-Ministerium. Daten über die genaue Anzahl der gesperrten und wieder freigegebenen Betriebe sind nicht abrufbar, der Minister hat keinen Überblick über die Affäre.
In den Bundesländern werden die Ermittlungen teilweise regelrecht verschlampt. Während im ebenfalls betroffenen Deutschland eine eigene Sondereinheit bis zu 200 (!) Hausdurchsuchungen pro Woche vornimmt, wurden beispielsweise in Niederösterreich insgesamt nur 45, in Oberösterreich gar nur 3 (!) Hausdurchsuchungen bei verdächtigen Schweinebetrieben durchgeführt. Der Großteil der Vor-Ort-Ermittlungen wird über normale Hof-Besuche abgewickelt, bei denen die Ermittler keinen Zugang zu den Wohngebäuden der Landwirte haben, in denen die Medikamente meist gelagert sind.
Gesetzeslücken: Die Ankündigungspolitik des Konsumentenschutzministers Haupt betreibt ausschließlich Ankündigungspolitik.