Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 58. Sitzung / Seite 102

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

dann stellen Sie sich her und sagen: Das war nicht Absicht, das habe ich nicht gewusst, das habe ich nicht gewollt.

Wenn es so ist, dass Sie das nicht gewusst und nicht gewollt haben, dann möchte ich Ihnen heute die Gelegenheit geben, diesen Fehler wieder gutzumachen. Ich meine, dass die Stunde der Wahrheit nun gekommen ist. Jetzt wird sich zeigen, ob es leere Ankündigungen, leere Worte sind, die Sie verbreiten, oder ob Sie wirklich bereit sind, einen Fehler, den Sie begangen haben – wie weit das bewusst war, wird die Geschichte zeigen – auch wieder zu korrigieren. Sie haben heute die Möglichkeit, im Rahmen einer Abstimmung diesen sozialpolitischen Missgriff wieder zu korrigieren, mit uns gemeinsam den betroffenen Unfallopfern zu helfen und die Rücknahme der Besteuerung der Unfallrente zu beschließen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wir möchten Ihnen eben heute die Gelegenheit geben, vor den Augen der österreichischen Bevölkerung, also im Parlament, eben einen Akt der sozialen Fairness zu setzen, indem wir und indem vor allem Sie das wieder zurücknehmen. (Zwischenruf des Abg. Großruck. )

Ihr Pakt der "sozialen Treffsicherheit", den Sie beschlossen haben, hat den Höhepunkt der sozialen Ungerechtigkeit bei den Unfallopfern erreicht, aber bei den Kürzungen in anderen Bereichen waren Sie nicht viel rücksichtsvoller: Sie haben Studiengebühren eingeführt, Sie haben bei der Arbeitslosenversicherung vor allem für Familien massive Verschlechterungen eingeführt, Sie haben die kostenlose Mitversicherung gestrichen.

Ich sage Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren: In ein paar Wochen, in ein paar Monaten stehen Sie vielleicht wieder da und sagen: Auch das haben wir nicht gewusst, oh, das tut uns Leid, das muss ein Versehen gewesen sein. – Und damit das nicht passiert, möchte ich Sie heute schon darauf hinweisen – wie wir das seit Wochen, ja seit Monaten tun –, welch unsozialen Charakter dieses Paket der sozialen Belastungen der Menschen, das Sie beschlossen haben, hat. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie haben die Kürzung des Familienzuschlags in der Arbeitslosenversicherung um 40 Prozent beschlossen. Wissen Sie, was das heißt? – Das bedeutet, dass jemand, der ein Einkommen von rund 17 000 S hatte und drei Kinder hat, im Falle der Arbeitslosigkeit in Zukunft mit 8 800 S das Auslangen finden muss. Können Sie sich das vorstellen, dass Sie mit 8 800 S das Auslangen finden, wenn Sie drei Kinder haben? Und ich sage Ihnen, wie es vorher war, bevor die blau-schwarze Koalition diese unsoziale Maßnahme beschlossen hat: Diese Familie hatte immerhin 10 300 S zur Verfügung. Sie nehmen dieser Familie mit drei Kindern 1 500 S im Monat weg. Schämen Sie sich dafür! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Eine weitere unsoziale Maßnahme, nämlich die Studiengebühren, sind heute auch schon öfter angesprochen worden. Für eine Alleinerzieherin mit zwei Kindern bedeutet dies einen zusätzlichen Aufwand von 20 000 S im Jahr – keine einfache Sache. Das kann die Existenz dieser Frau, dieser Familie bedrohen.

Das Zustandekommen der Studiengebühren war ja ebenso typisch. Frau Bundesministerin Gehrer hat allen versichert, Studiengebühren stünden nicht in Diskussion, sie garantiere weiter den freien Zugang zur Universität. – Und das Ergebnis kennen wir: Es gibt die Studiengebühren, junge Menschen haben keinen freien Zugang mehr, und es wird sich die soziale Frage stellen, wer es sich noch leisten kann zu studieren. Das sind diese unsozialen Maßnahmen, die Sie setzen. Ihre Devise hat gelautet: Studiengebühren statt Uni-Reform. – Ich mache Sie darauf aufmerksam, damit Sie es nachher, womöglich in ein paar Wochen, nicht wieder leugnen können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum Wegfall der beitragsfreien Mitversicherung. Das klingt sehr technisch, aber auch davon sind 100 000 Menschen betroffen. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Bartenstein. ) Natürlich sind das vor allem Frauen – Herr Westenthaler, ich weiß, Frauenpolitik ist Ihnen zutiefst zuwider –, es sind 100 000 Frauen, die von dieser unsozialen Maßnahme betroffen sind.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite