Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 60. Sitzung / Seite 64

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"Freiheitliche raus aus diesem Land!"? Was ist friedlich an den von mir zitierten Ausschreitungen? Was ist friedlich an der mehrfachen Beschädigung und Erstürmung der ÖVP-Zentrale? Was ist friedlich an der mehrfachen Zertrümmerung zahlreicher FPÖ-Bezirksbüros in dieser Stadt? – Sie lachen, Frau Kollegin Kuntzl. Ich weiß schon, dass Sie da keine Schmerzgrenze haben, wenn es um Gewalt von links geht, aber das ist genau das Problem, das wir in dieser Demokratie mit Ihnen haben! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dietachmayr: Das ist eine Polemik von der Regierungsbank, die unerträglich ist!)

Was ist friedlich an Plakaten, Herr Kollege, die am letzten Freitag auf dem Stephansplatz gezeigt wurden, auf denen zu lesen war: "Tötet Haider!"? (Abg. Dietachmayr: Diese Polemik von der Regierungsbank ist unerträglich!) Wie glaubwürdig ist denn Ihr Kampf für Menschenrechte und Demokratie in diesem Land, wenn er mit solchen Slogans verbunden ist?

Haben Sie sich schon einmal überlegt, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie, dass dies nur die Weiterführung von Aussagen Ihrer Verantwortungsträger ist, von Aussagen wie des Herrn Bürgermeisters Häupl, der gesagt hat: Wir werden diese Bundesregierung aus dem Amt jagen!, von Aussagen wie jene des SPÖ-Gewerkschafters Kaske, der gesagt hat: Die Republik wird brennen!, von Aussagen wie von Ihrem Vorsitzenden Gusenbauer, der gesagt hat: Diese Regierung ist illegitim!? Haben Sie sich schon einmal überlegt, welches Meinungsklima Sie mit diesen Aussagen in diesem Land schaffen? (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Es war auch der Führer der Sozialdemokraten Alfred Gusenbauer, der eine sehr bemerkenswerte Aussage gemacht hat. (Abg. Dr. Mertel: Tiefer, tiefer! – Abg. Dietachmayr hält einen Zettel mit der Aufschrift "Tiefer geht’s nicht!" in die Höhe.) Er hat nämlich gesagt: Bei den Demonstrationen entstehe eine Zivilgesellschaft. Die Sozialdemokratie wolle hier mitarbeiten und sich einbringen. – Richten Sie Herrn Gusenbauer von mir ein Sprichwort aus: Zeige mir deine Freunde, und ich sage dir, wer du bist! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Schieder: Herr Präsident, so geht es nicht!)

Der Gegensatz zwischen einer funktionierenden Zivilgesellschaft und vermummten und prügelnden Demonstranten könnte gar nicht größer sein, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Wenn wir schon über Zivilgesellschaft reden – und Sie haben offensichtlich nicht wirklich verstanden, was das bedeutet –, dann sage ich Ihnen Folgendes: Die beeindruckendste Form der Zivilgesellschaft waren die Bürgerrechtsbewegungen in Mittel- und Osteuropa als Gegenentwurf zum herrschenden Staatssozialismus. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Diese Zivilgesellschaft hat nämlich mit friedlichen Mitteln ihre Ziele erreicht, und zwar die Schaffung von Verfassungen, die die Grund- und Freiheitsrechte der Bürger achten, die Durchsetzung von Meinungsfreiheit, von freien Wahlen und freien Mehrheitsbildungen. (Zwischenruf der Abg. Dr. Mertel. )  – Frau Kollegin Mertel, ich weiß, dass Sie damit ein Problem haben. Ein Grundprinzip dieser Demokratie ist, dass es freie Mehrheitsbildungen auf Grund der Entscheidung des Wählers gibt. Und das ist genau das, worum es geht. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Und genau gegen diese freien Mehrheitsbildungen mit Gewalt auf der Straße anzukämpfen hat mit einer Zivilgesellschaft nicht das Geringste zu tun, sondern das ist nichts anderes als eine Gefährdung der inneren Sicherheit in diesem Land, gegen die sich der Rechtsstaat mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln zur Wehr zu setzen hat. (Anhaltender Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Rufe bei den Freiheitlichen: Bravo! Bravo! Zugabe! Zugabe! – Abg. Dr. Kostelka : Zur Geschäftsordnung!)

15.02

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter Van der Bellen hat sich offensichtlich zur Geschäftsordnung gemeldet. – Bitte. (Abg. Dr. Kostelka: Ich habe mich gemeldet, Herr Präsident!)


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