Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 61. Sitzung / Seite 25

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keinen Kulturkanal! Auch von diesen Schritten auf dem Weg ins angeblich neue Medienzeitalter habe ich heute hier nichts gehört.

Da im Zusammenhang mit dem "Weisenrat" eine Diskussion über das Alter entstanden ist: Meine Befürchtung geht weniger in Richtung Alter, sondern in Richtung ideologischer Hintergrund.

Wenn ein Gerd Bacher sagt, dass Ö3 ein "Dodel"-Sender sei, muss ich Ihnen sagen: Gut, darüber kann man in einer kulturellen Debatte durchaus einmal diskutieren, aber wenn man nicht dazusagt, dass Ö3 die Cash-Cow ist und Ö1 mitfinanziert, wenn man nicht dazusagt, dass damit auch andere kulturelle Aufträge, die für den ORF und für die österreichische Meinungsvielfalt sehr wichtig sind, mitfinanziert werden, dann fehlt einem eine ganz besondere Perspektive, nämlich wie man den kulturellen Auftrag, den Informationsauftrag und den kulturellen Unterhaltungsauftrag in Zukunft ernsthaft weiterführen möchte. – Das ist unsere Kritik am "Weisenrat". (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Noch ein Punkt: Ich finde es wirklich beschämend, dass die Erfahrung in der Medienpolitik ausschließlich auf Männer reduziert wird, dass es nicht möglich war, eine einzige Frau in diesen "Weisenrat" zu entsenden. Das ist auch kein Aufbruch in ein neues Medienzeitalter, Herr Westenthaler! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Die Stiftung ist unserer Meinung nach durchaus in Ordnung, aber die Konstruktion, die jetzt vorgesehen ist, stellt wahrlich keine Entpolitisierung dar!

Ich zitiere jetzt Herrn Barazon – ich glaube, wahrlich kein Rot-Grüner und durchaus jemand, der in medienpolitischen Fragen mit kritischen Bemerkungen zu einer Debatte beigetragen hat –, der meint, gegen die Entfernung aller Politiker aus den ORF-Gremien könne man schwer protestieren, doch bleibe der ORF ein Staatsbetrieb, für den der Bundeskanzler als alleiniger Vertreter des Eigentümers Staat zuständig sei, und in jedem Unternehmen habe der Eigentümer das letzte Wort.

Das bedeutet: Entpolitisierung und ausschließliche, alleinige Macht dem Bundeskanzler! Opposition und Kritiker raus!

Wenn Herr Khol meint, der ORF müsse frei sein, dann heißt das wohl: frei von Opposition und frei von Liberalität. Etwas anderes kann damit nicht gemeint sein. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Weil der Vorwurf kam, zu wenig Konstruktives und zu wenig Vorschläge von der Opposition: Wir sagen deutlich ja zu einer ORF-Reform, ja zu einer Digitalisierung, die den Namen auch verdient und nicht nur auf Inseln beschränkt ist, auf 50 Prozent. Wir sagen auch ja zu einem öffentlich-rechtlichen Auftrag, wobei darüber diskutiert werden muss, was das in Zukunft heißen soll, nämlich: Auftrag für Bildung, für Kultur, für Information, die auch zeitgemäß ist, und für Unterhaltung, die zeitgemäß ist. Wir sagen auch ja zu einer offensiven Positionierung des ORF als modernes Medienunternehmen. Wenn es nicht einmal möglich ist, dass der ORF eine eigene Zeitung druckt, dann, denke ich, ist es schon noch ein großer Schritt bis zu einem neuen Medienzeitalter. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Abschließend: Entpolitisierung ja, aber nicht in der Form, dass Sätze fallen wie: In den Redaktionsstuben muss aufgeräumt werden! Bestimmte Elemente sind aus dem ORF zu entfernen! – Wenn das unter "Entpolitisierung" zu verstehen ist, dann haben wir große Sorge um die Zukunft Österreichs, was Meinungsfreiheit und Meinungsvielfalt anlangt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.08

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor, ich erkläre die Aktuelle Stunde für beendet.


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