Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 61. Sitzung / Seite 90

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Was ist jetzt der Zweck dieser Novellierung? Wenn Sie hineinschauen, werden Sie sehr viele fachliche Punkte finden, unter anderem: klarere Definitionen; die rechtlich eindeutige Umsetzung der Beschlüsse der EU beziehungsweise der OSZE muss ermöglicht werden; ferner soll unter anderem dem Bundesministerium für Inneres die Handhabe gegeben werden, unter gewissen Voraussetzungen gewisse notwendige Sicherheitsmaßnahmen zu treffen; und schließlich erfolgt – was vor allem für das Verteidigungsministerium wichtig ist – eine eindeutige Regelung betreffend die Ein-, Aus- und Durchfuhr von Kriegsmaterial. Wenn ich Ihnen das anhand eines einzigen Beispiels erläutere, dann sehen Sie, dass das eine zweckmäßige Novelle ist, für deren Umsetzung es höchste Zeit ist: Wenn heute das Verteidigungsministerium ein Nachtglas zur Erprobung hat und es nach der Erprobung wieder zurück an die Firma schicken will, dann muss die Bundesregierung damit befasst werden. Das ist eine absurde Situation, die bereinigt gehört.

Es wurde schon mehrfach der Artikel 23f angesprochen, der ja auch auf Ihre Initiative hier eingebracht und von Ihnen mit beschlossen wurde. Sie wussten damals genau, dass die Gesetzeslage einer Novellierung bedarf. Ihre Hauptbefürchtung liegt, wenn ich Sie richtig verstehe, bei der Frage der Stationierung, Ein-, Aus- und Durchfuhr fremder Truppen. Ich erinnere mich noch sehr gut an die auch etwa um diese Zeit geführte Debatte um das SOFA-Abkommen, das gar nicht den Weg in dieses Haus gefunden hat und das Sie damals wohlweislich im Hauptausschuss behandelt haben. Dieses SOFA-Abkommen hat sehr weitreichende Bereiche umfasst. Sie erinnern sich: Wir haben dort NATO-Verbänden Zugeständnisse gemacht, die weit in die österreichische Rechtslage eingreifen – viel weiter als dieses Gesetz hier –, und die SPÖ hat damals geschwiegen. Kollege Schieder war, glaube ich, damals Ihr Wortführer im Ausschuss. Die SPÖ hat wohlweislich geschwiegen. Es gab damals das Unternehmen Alba, die Mission Alba unter NATO-Führung, nicht unter Führung der Vereinten Nationen – weil Sie, Herr Kollege, gesagt haben, es hat keine österreichische Neutralitätsverletzung gegeben. – Sie lächeln jetzt etwas verkniffen, Herr Kollege Kostelka. Sie wissen genau, dass diese Mission kaum eine Deckung in der österreichischen rechtlichen Situation finden konnte. Es wurde vom Tisch gewischt.

Ich habe damals im Zusammenhang mit diesem Seilbahnunglück von Cavalese darauf hingewiesen, dass wir auf Grund dieses Abkommens in eine ähnliche Situation kommen könnten wie Italien. Meine Bedenken wurden vom Tisch gewischt. Sie haben eine Situation geschaffen, zu der wir uns heute nach dem Grundsatz "pacta sunt servanda" bekennen. Aber die Abkommen wurden von Ihnen unter einem sozialdemokratischen Kanzler geschlossen.

Ich sehe aber deswegen nicht ein – und es ist auch der Öffentlichkeit und vor allem unseren europäischen Verbündeten und den übrigen EU-Staaten schwer zu vermitteln –, warum Beschlüsse, die unter einem sozialdemokratischen Kanzler gefasst werden, rechtens sind und diese dann, wenn sie unter einer anderen Regierung in die Praxis umgesetzt werden, quasi zur Neutralitätsgefährdung hochstilisiert werden. Das ist eine Sache, die für mich nicht verständlich ist, Herr Kollege!

Ein letzter Satz noch: Artikel 2 genehmigt den, ich betone, vorübergehenden Aufenthalt fremder Truppen unter der Auflage "soweit nicht völkerrechtliche Verpflichtungen oder überwiegend außenpolitische Interessen der Republik Österreich entgegenstehen". – Herr Kollege Kostelka! Wir sind uns doch einig, dass Österreich noch neutral ist. Die Neutralität ist eine völkerrechtliche Verpflichtung. Warum daher Ihre Befürchtungen? (Zwischenruf des Abg. Dr. Kostelka. ) Hier wird nichts aufgehoben, was in den Gesetzen Österreichs fixiert ist. Wir bekennen uns logischerweise alle – auch der Koalitionspartner bekennt sich dazu – zur Einhaltung der österreichischen rechtlichen Bestimmungen. Österreich ist neutral. Hier kann gegen diesen Bereich nicht verstoßen werden. (Abg. Schieder: Er sagt nur: Es ist keine völkerrechtliche Verpflichtung! Er sagt, sie ist zwar rechtlich, aber nicht völkerrechtlich!)

Herr Kollege Schieder! Die Neutralität ist eine rechtliche und eine völkerrechtliche Verpflichtung, davon bin ich fest überzeugt. Aber was ich nicht verstehe, ist die Herstellung eines Junktims zwischen diesem Gesetz, das die Praxis regelt, und der Frage der Diskussion um die österreichische Doktrin. Würden Sie das wirklich machen, würden Sie sich die Möglichkeit nehmen, zumindest in den nächsten drei bis vier Jahren, vielleicht aber auf viel längere Zeit, an der


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