Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 62. Sitzung / Seite 105

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Der bisherige Höhepunkt des Spitzelskandals liegt jedoch in der geplanten Versetzung des Untersuchungsrichters gegen dessen Willen an ein Bezirksgericht, wie "FORMAT" in seiner Ausgabe vom 26. März 2001 berichtet. So:

"Unbequemer U-Richter. Der Grünenabgeordnete Peter Pilz vermutet hinter der Aktion der weisungsabhängigen Staatsanwaltschaft eine ,politische Säuberungsaktion‘. Der Justizsprecher der SPÖ, Hannes Jarolim, sieht die Richterschaft überhaupt im ,Würgegriff‘ des freiheitlichen Justizministers Dieter Böhmdorfer.

Auch wenn der Leiter der Wiener Staatsanwaltschaft, Erich Wetzer, diese Vorwürfe energisch zurückweist, werden Verdächtigungen dieser Art schon bald neue Nahrung bekommen. Denn wie der unbequeme U-Richter Stefan Erdei (FP-Westenthaler: ,Der hat sie doch nicht alle‘) gegenüber ,FORMAT‘ bestätigt, könnte er bald abgelöst werden: ,Es wird tatsächlich daran gedacht, mich zu versetzen. Das könnte schon demnächst passieren. Darüber wurde ich bereits verständigt.‘

Der junge Untersuchungsrichter ist einer von drei Ersatzrichtern am Landesgericht für Strafsachen in Wien. Weil es dort zu viele Richter gibt, wird überlegt, Erdei bald an ein Bezirksgericht zu schicken. Der Richter: ,Die Motive, die dahinterstecken, kenne ich nicht. Wenn Sie mich fragen, ob ich weiter hier arbeiten möchte, ist die Antwort ja. Laut Paragraph 77, Absatz 6 des Richterdienstgesetzes könnte man mich sogar nach Kärnten versetzen.‘"

Damit gibt es deutliche Anhaltspunkte dafür, dass die Aufklärung des FP-Spitzelskandals rund um Haider endgültig verhindert werden soll, was künftig überhaupt die Unabhängigkeit der Richterschaft schwer beeinträchtigen könnte. Unbotmäßige Richter müssten in Zukunft mit ihrer Versetzung rechnen.

Hier ist nun wirklich rasches Handeln notwendig: Ein Untersuchungsausschuss muss dringlichst die Verantwortlichkeiten für diese willkürliche, den Rechtsstaat gefährdende Versetzungsentscheidung aufklären und diesen rechtsstaatlichen Wahnsinn verhindern.

Der gesamte Justizskandal wird aber durch das nunmehr vorliegende 2. Gutachten des Institutes für Kriminologie (Gutachter Univ.-Prof. Dr. Christian Grafl), das den Binder-Brief für wahrscheinlich echt erklärt, noch um eine weitere Facette aufgefettet:

Zunächst der Binder-Brief im Wortlaut:

"Horst Binder

Jakob-Ghon-Allee 

9600 VILLACH

Tel. 0663/-----

Villach, am 23.01.199

S.g. Herr Bundesobmann,

lieber Jörg!

Da verschiedene Anfragen von freiheitlichen Spitzenfunktionären – betreffend der am Beiblatt ersichtlichen Person an mich herangetragen wurden, ich die einzelnen Beweggründe jedoch nicht durchschauen konnte, übermittle ich Dir zwei Auszüge aus dem polizeiinternen Computer, wobei ich Dich ersuche diese nach Kenntnisnahme zu vernichten.

Für eventuelle Rückfragen stehe ich gerne zur Verfügung. (Tel. 0663-----)

Mit besten Grüßen

Horst BINDER"

Dazu hält Univ.-Prof. Dr. Christian Grafl in seinem Gutachten fest:


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