Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 62. Sitzung / Seite 115

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Präsident Dr. Heinz Fischer: Zur Beantwortung der Anfrage gelangt der Herr Bundesminister für Justiz zu Wort. Die Redezeit soll 20 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Herr Justizminister.

15.20

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich möchte einleitend zum Verständnis der allgemeinen rechtlichen Situation Folgendes festhalten: Nach nunmehr einhelliger Judikatur hat der Untersuchungsrichter seine Ermittlungstätigkeit auf den von der staatsanwaltschaftlichen Antragstellung vorgegebenen Umfang zu beschränken. Außerdem ist er nicht befugt, diese Antragstellung auf ihre Zweckmäßigkeit zu überprüfen. Außer im Fall der Gesetzwidrigkeit ist er auch nicht berechtigt, die Durchführung von Vorerhebungsschritten abzulehnen. Es steht daher auch dem Staatsanwalt die Entscheidung zu, welches Aktenmaterial dem Untersuchungsrichter für die Durchführung der von ihm beantragten Erhebungsschritte zu übermitteln ist.

Im vorliegenden Verfahren, in dem von der Staatsanwaltschaft Wien bereits einige Fakten enderledigt worden waren, langten nunmehr die vorerst abschließenden Erhebungsergebnisse der Wirtschaftspolizei ein. Nach deren Sichtung stellte sich für die Staatsanwaltschaft Wien das Verfahren bezüglich einiger Verdächtiger als enderledigungsreif dar, ohne dass es noch gerichtlicher Vorerhebungen bedurft hätte. Sie hat daher in diesem Umfange entsprechend den Bestimmungen des Staatsanwaltschaftsgesetzes einen Vorhabensbericht an die Oberstaatsanwaltschaft Wien erstattet und diesem die Bezug habenden, von der Wirtschaftspolizei vorgelegten Erhebungsergebnisse angeschlossen. Diese Aktenteile wurden der Oberstaatsanwaltschaft Wien vorgelegt und inzwischen der zuständigen Fachabteilung des Bundesministeriums für Justiz übermittelt.

In Ansehung weiterer Sachverhalte sind nach Ansicht der Staatsanwaltschaft Wien konkrete gerichtliche Vorerhebungsschritte erforderlich. In diesem Umfang hat sie daher Mitte März 2001 beim Untersuchungsrichter des Landesgerichtes für Strafsachen Wien die erforderlichen Anträge, und zwar insbesondere betreffend die verantwortliche Abhörung von sechs Verdächtigen und die Ausforschung und Vernehmung einiger Zeugen durch die Wirtschaftspolizei, gestellt. Um dem Untersuchungsrichter alle für die Durchführung dieser Vorerhebungen notwendigen Erhebungsergebnisse zugänglich zu machen, wurden anlässlich der Trennung des Aktes – soweit nicht bereits vorhanden – die erforderlichen Ablichtungen hergestellt und die Erhebungsergebnisse nach Fakten gegliedert. Das hiefür erforderliche Aktenmaterial wurde dem Untersuchungsrichter zur Verfügung gestellt. Den von der Wirtschaftspolizei erstellten Abschlussbericht hat die Staatsanwaltschaft Wien dem Untersuchungsrichter aus Gründen der Übersichtlichkeit nicht mitübersendet, weil darin auch eingehende Ausführungen sowohl zu auf bereits eingestellte Verfahren Bezug nehmende Fakten als auch zu solchen Sachverhaltskomplexen enthalten sind, die zwar im Bereiche der Sonderkommission behandelt wurden, jedoch nicht Gegenstand des bei der Staatsanwaltschaft Wien anhängigen Verfahrens sind.

Ausdrücklich hat die Staatsanwaltschaft Wien darauf hingewiesen, dass die gewählte Vorgangsweise vor ihrer Antragstellung mit dem Untersuchungsrichter auch im Rahmen einer eingehenden persönlichen Aussprache akkordiert worden war, wobei auch vereinbart wurde, dass allenfalls noch als erforderlich erachtete Aktenunterlagen unverzüglich nachgereicht werden können.

Nachdem der Untersuchungsrichter seine Bedenken gegen die Antragstellung und insbesondere die Form der Aktenübermittlung durch die Staatsanwaltschaft Wien in einem mehrseitigen Aktenvermerk niedergelegt hatte, wurde in der Folge im Interesse einer gedeihlichen Zusammenarbeit zwischen der Staatsanwaltschaft Wien und dem zuständigen Untersuchungsrichter folgende weitere Vorgangsweise festgelegt: Die Staatsanwaltschaft Wien ersucht die Wirtschaftspolizei um neuerliche Übersendung von Ablichtungen der der Oberstaatsanwaltschaft Wien vorgelegten Erhebungsergebnisse und um Erstellung eines die noch offenen Verfahren bei der Staatsanwaltschaft Wien umfassenden Abschlussberichtes samt Bezug habender Faktenübersicht. Diese Unterlagen sind dann dem Untersuchungsrichter des Landesgerichtes für Strafsachen Wien gemeinsam mit dem der Staatsanwaltschaft Wien von ihm zurückgestellten Strafakt zu übermitteln.


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