Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 62. Sitzung / Seite 123

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Auf Anfrage an den Justizminister im Budgetausschuss – nachdem auf einmal mitgeteilt worden ist, dass dieser Untersuchungsrichter, der sich da offenbar nicht entsprechend verhält, versetzt werden soll – hat der Justizminister erklärt: Es ist durchaus möglich, dass er versetzt wird.

Er hat es nahezu anheim gestellt, dass er nunmehr versetzt wird. Erst über den Wirbel, erst über den Aufschrei der Richterschaft, aber auch des Parlaments und der Justiz, ist das zurückgezogen worden. (Abg. Dr. Martin Graf: Unmöglich!) Kollege Graf, Sie wissen ganz genau, dass der Justizminister ein Weisungsrecht gegenüber dem Präsidenten des Oberlandesgerichtes hat. (Abg. Dr. Martin Graf: Unmöglich!) Dieser sitzt im Personalsenat, und dort kann es natürlich dazu kommen, dass eine entsprechende Aufforderung erfolgt. (Abg. Dr. Martin Graf: Das ist unmöglich!)

Ich möchte nur wissen: Warum wird dort dieses Thema so hochgefahren? Warum wird eigentlich Herr Untersuchungsrichter Erdei genau in dieser Angelegenheit zum Oberlandesgerichtspräsidenten geladen? Warum wird ihm bei dieser Gelegenheit mitgeteilt, dass er versetzt werden kann? – All das geschah, unmittelbar nachdem diese Erhebungen von ihm hätten geführt werden sollen und er auf Grund der mageren Ergebnisse, die ihm zur Verfügung gestellt worden waren, zum Notnagel eines Aktenvermerkes greifen musste, in dem er zur Kenntnis gebracht hat (Abg. Dr. Fekter: Da ist aber schon ein Unterschied zwischen Vertretung und Versetzung! Kollege Jarolim, ich bin enttäuscht! Als Justizsprecher sollten Sie den Unterschied kennen!): Ich bekomme nicht die Unterlagen, die notwendig sind, um hier meiner gesetzlichen Verpflichtung nachzukommen! (Abg. Dr. Khol: Das stimmt ja nicht!)

Herr Bundesminister! Wenn Sie das nicht zum Anlass nehmen, hier einzuschreiten und sicherzustellen, dass Ihre Staatsanwaltschaft diese Unterlagen zur Verfügung stellt, dann weiß ich nicht, ob Sie das richtige Verhältnis zu und Verständnis von Ihrem Beruf haben. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Herr Bundesminister! Ich darf Ihnen aus einem Aktenvermerk zitieren – das ist in dieser Zweiten Republik einmalig gewesen –, einem Aktenvermerk, den Richter Erdei, den Sie offenbar versetzen wollten, geschrieben hat. (Abg. Ing. Westenthaler: Ist das Ihr Aktenvermerk? – Abg. Mag. Schweitzer: Den du geschrieben hast?) Da steht drin: "Eine erste Durchsicht ergibt, dass der in den letzten Monaten ..." (Abg. Mag. Schweitzer: Der Jarolim-Akt ...!) Herr Kollege, ich habe zu Ihrem Niveau ohnedies schon meine Stellungnahme abgeben! Es wird nicht besser, es ist ja im Grunde genommen extrem peinlich. Das ist eigentlich das einzige Attribut, das mir zu Ihnen einfällt, Herr Kollege Westenthaler! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Khol  – ein Dokument in die Höhe haltend –: Das ist der Jarolim-Akt!) Aber da wird Sie vielleicht auch Herr Khol noch einmal einholen. (Abg. Neudeck: Haben Sie den noch mit dem Lansky ...?)

Hier steht: "Eine erste Durchsicht ergibt, dass der ..." (Abg. Ing. Westenthaler: Hat das Lansky aufgeschrieben? Ist das eine Rede von Lansky?) Ich weiß, dass Ihnen das wehtut! Es tut Ihnen weh, weil so etwas in der Justizgeschichte noch nicht vorgekommen ist. Aber das ist Ihr Problem, und es ist typischerweise offenbar ein Kennzeichen der Freiheitlichen Partei, dass man die Justiz, wenn sie nicht so pariert, wie sie soll, in den Würgegriff zu nehmen hat. (Abg. Ing. Westenthaler: Werden Sie auch den Aktenvermerk vorlesen, wo Sie die roten Richter installieren wollen?) Der Minister sitzt auf der Bank und lacht dazu. Auch das ist einmalig!

In diesem Aktenvermerk heißt es: "Eine erste Durchsicht ergibt, dass der ... in den letzten Monaten mehrfach medial angekündigte ,Schlussbericht‘ oder sonst eine als Vollanzeige zu wertende Aufstellung der Verdachtsfälle und deren Zuordnung zu konkreten Verdächtigen sich nicht bei dem übermittelten Konvolut befindet."

Es wird von einem Aktenchaos gesprochen, meine Damen und Herren! Die Aktenordner tragen auf dem Rücken Bezugsvermerke, die nicht stimmen.

Es wird weiters festgehalten – das sagt der weisungsunabhängige Untersuchungsrichter, der, weil er weisungsunabhängig ist, offensichtlich zu versetzende Untersuchungsrichter, was aber abgewehrt werden konnte –:


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