Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 62. Sitzung / Seite 141

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Leid, Amtsverschwiegenheit, da sage ich lieber nichts – denn das könnte vielleicht ein bisschen aufschlussreich sein, was ich hier zu antworten habe. (Beifall bei den Grünen.)

Diese Geschäftsordnungsdebatte ist die entscheidende politische Frage dieses Nachmittags. Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister! Das Gesetz ist für alle gleich, an das Gesetz haben Sie sich zu halten. Und die Geschäftsordnung ist ein Gesetz; die hat selbst ein freiheitlicher Parteianwalt im Parlament zu achten, dieses Gesetz gilt für Sie genauso. Sie haben es so zu achten, wie auch andere Bundesminister die Geschäftsordnung zu achten haben, aber nicht nur dort, wo es Ihnen passt. Wo es Ihnen schaden könnte, da sagen Sie: Amtsverschwiegenheit, denn da könnte etwas herauskommen, aber in anderen Fällen nehmen Sie sie nicht in Anspruch. Wenn, dann können Sie sagen: Gut, das ist eine heikle – ohne das jetzt zu interpretieren – Sache, das unterliegt der Amtsverschwiegenheit.

Aber das herauszunehmen, was einem passt, und das, was einem nicht in den sprichwörtlichen Kram passt – weil er Sie auch berührt –, nicht zu beantworten, das ist gesetzwidrig, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Abg. Neudeck: Das ist ein Blödsinn! Sie sind ahnungslos!) Wer gegen die Geschäftsordnung handelt, handelt gegen ein Gesetz.

Wären Sie Ausländer, würde man sagen: der Illegale. Wissen Sie, das ist es nämlich, wie eben mit zweierlei Maß gemessen wird! Ein Bundesminister kann sich offensichtlich in Österreich, im Parlament zumindest, alles erlauben. (Beifall bei den Grünen.) Wie es gerade passt, interpretiert man ein Gesetz.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Jetzt weiter zu dem für mich zweiten entscheidenden Punkt des heutigen Nachmittags, nämlich dem Aufzeigen – und darum bin ich der sozialdemokratischen Fraktion für diese Dringliche Anfrage wirklich dankbar –, wie die Justiz in Österreich beeinflusst und öffentlich eingeschüchtert beziehungsweise verleumdet wird. Da ist der Fall des Untersuchungsrichters Mag. Erdei ein wirklich einmaliger Fall – Gott sei Dank, muss ich sagen, dass das nicht alle Tage vorkommt. Aber wir haben auch nicht alle Tage eine blau-schwarze Regierung, wir haben sie erst seit gut einem Jahr.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Deshalb kommt das jetzt vor, und das Hinzitieren zu einem Präsidenten und das Konfrontieren mit bestimmten Möglichkeiten – ob jetzt Versetzung oder Vertretung ist egal – ist ein Versuch der Einschüchterung. Diese Unterscheidung ist in diesem Zusammenhang eine Spitzfindigkeit, Kollegin Fekter, und es zeugt nur davon, wie groß das schlechte Gewissen sein muss, wenn man sagt: Sie haben das Gesetz nicht genau gelesen. – Da wird eingeschüchtert, da wird öffentlich durch Klubobleute, ja sogar bis hin zur Vizekanzlerin, verleumdet, da wird Druck auf die Justiz ausgeübt. Und in diesem Fall ist das minutiös dokumentierbar, weil da einer ist, der nicht kuscht und sich nicht alles gefallen lässt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist es jetzt eigentlich, was Sie am meisten stört: Das hat nicht funktioniert! Herr Mag. Erdei hat das nicht stumm in sich hineingeschluckt, hat nicht gesagt: Ich muss das alles hinnehmen, ich bin noch nicht so alt – keine Ahnung, wie alt er ist, ich schätze ungefähr 35, um nach dem Foto zu schließen; ich kenne ihn nicht –, ich habe noch 30 Jahre in der Justiz vor mir. Er hat gesagt, es geht ihm um den Rechtsstaat, es geht ihm um die Unabhängigkeit der Justiz und darum, sich in den Spiegel schauen zu können und nicht nur ins Gesicht der Frau Dr. Fekter. (Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter. ) Das sind die Dinge, die hiebei entscheidend sind, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Darum ist in Wirklichkeit alles, was ich heute gehört habe, ein Nebengeplänkel. Ob der Gutachter jetzt 83 Jahre oder vielleicht nur 79 Jahre alt ist, er ist und bleibt Graphologe; dafür ist er Spezialist und nicht Sachverständiger, der bei diesen Fragen im Zusammenhang mit der vermuteten oder in Verdacht stehenden Fälschung oder Nicht-Fälschung des Briefes aufgefordert ist oder überhaupt imstande ist, ein Gutachten abzugeben. Deshalb stört es Sie so, dass es eben in der Justiz nicht so ist, dass man eben von einem Graphologen – ganz egal, wie jung oder alt er ist – eine Unterschrift prüfen lässt und damit die Sache gegessen ist – ganz unabhängig vom Ergebnis –, sondern dass auch andere Sachverständige mit auf den Plan gerufen werden, die


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