Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 62. Sitzung / Seite 143

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Faktum ist: 1 300 Richter und Staatsanwälte haben sich gegen diese unqualifizierten politischen Angriffe in einem offenen Brief zur Wehr gesetzt.

Faktum ist, Herr Bundesminister: Sie haben als Bundesminister den Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider schon im Vorhinein ohne Faktenkenntnisse als über jeden Zweifel erhaben bezeichnet.

Faktum ist, Herr Bundesminister: Die gerichtlichen Verfahren gegen Jörg Haider und andere wurden allein auf Grund des Gutachtens von Muckenschnabel, aber vor der Einvernahme des Beamten Herbert Poimer, der Leiter der Klagenfurter Datenstation war und 50 000 EKIS-Abfragen durchgeführt hat, eingestellt.

Faktum ist weiters, Herr Bundesminister: Nach Bekanntwerden des ersten Sachverständigengutachtens hat die Rechtsvertreterin von Jörg Haider, Mag. Gheneff-Fürst, den Binder-Brief als Hauptbelastungsmittel gegen Jörg Haider bezeichnet. Auch Klubobmann Westenthaler bezeichnete den Binder-Brief als das Hauptindiz gegen Jörg Haider.

Faktum ist aber nun auch, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass der gerichtlich beeidete Sachverständige Universitätsprofessor Dr. Grafl in einem Gutachten feststellte, dass der Binder-Brief, also dessen Unterschrift, wahrscheinlich echt und keine Fälschung ist. (Abg. Böhacker: Was heißt "wahrscheinlich"? – Abg. Dr. Ofner: Nicht einmal das!)

Faktum ist: Untersuchungsrichter Mag. Erdei wurden laut Aktenvermerk von der Staatsanwaltschaft Akten vorenthalten, von 42 Faktenkreisen nur 11 Faktenkreise geliefert – und dies ohne Gesamtdarstellung sowie ohne Angaben zur Nummerierung.

Faktum ist, Herr Bundesminister, dass die Wirtschaftspolizei beauftragt wurde, einen neuen, bereinigten Bericht für die Staatsanwaltschaft zu verfassen.

Faktum ist – so Präsident Woratsch –: Ich meine, dass wir eine der abhängigsten Staatsanwaltschaften in ganz Europa haben. Es gibt eine totale Subordination unter den Bundesminister für Justiz, wobei völlig egal ist, wie dieser Justizminister heißt. (Zwischenruf des Abg. Dr. Krüger. )

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es geht darum, dass der oberste Ankläger in unserem Land praktisch der Justizminister ist. Ein derartiges System halte ich wirklich für nicht europareif. (Abg. Dr. Krüger: Wann hat er das gesagt?)

Faktum ist – und jetzt komme ich zum Schluss –, dass die Existenz dieser Bundesregierung von der Aufklärung dieses Skandals abhängt. Es geht um Westenthaler, es geht um Riess-Passer, und es geht um Bundesminister Böhmdorfer. Daher ist es auch verständlich, dass Sie versuchen, derartige Verfahren zu behindern.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister! Sie haben Erklärungsbedarf: Verfahrenseinstellungen ohne vorherige Einvernahme des Beamten Poimer durch die Wirtschaftspolizei, ein neues Sachverständigengutachten, in dem der Binder-Brief als "wahrscheinlich echt" bezeichnet wurde (Abg. Böhacker: "Wahrscheinlich"!), bisher kein kriminaltechnisches Gutachten sowie eine Staatsanwaltschaft, die rechtlich wie politisch nicht nachvollziehbare Entscheidungen trifft.

Ein Vergleich aus dem Sport mag dies vielleicht verdeutlichen: Kapfenberg gegen Simmering, das ist Brutalität. – Abgeändert, meine sehr verehrten Damen und Herren, auf die gegenständlichen Verfahren im Spitzelskandal könnte dies lauten: Weisungsgebundener Staatsanwalt gegen unabhängigen Untersuchungsrichter, das scheint der Justizskandal zu sein.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Diese Fakten, diese Verfahren, diese Einflussnahmen, wie sie derzeit dargestellt werden, erwecken den Eindruck, dass diese Koalition an der Wahrheitsfindung nicht interessiert ist, Spuren verwischt werden und sonstige Maßnahmen in der Justizverwaltung ergriffen werden, die jede Aufklärung verhindern.


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