Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 62. Sitzung / Seite 153

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Meine Damen und Herren! Die große Befürchtung, dass die Familie in der Krise ist, trifft eigentlich nicht zu. Das geht aus dem vorliegenden Bericht hervor. Am Stellenwert von Ehe und Familie hat sich eigentlich wenig geändert. Familie, Partnerschaft und Elternschaft sind nach wie vor äußerst geschätzte Werte. Das geht auch aus diesem Familienbericht hervor. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Die Kernfamilie, nämlich Paare mit Kindern und ohne Kinder, die im selben Haushalt leben, oder Elternteile mit Kindern, ist heute noch die häufigste Lebensform – trotz aller anderen Formen. Die Zahl der kinderlosen Paare nimmt zu, es gibt immer weniger und immer mehr spätere Geburten. Ein Rückgang bei den Eheschließungen ist ebenfalls zu verzeichnen, ebenso ein gleichzeitiger Anstieg von Scheidungen.

Die durchschnittliche Kinderzahl pro Frau beträgt heute in Österreich 1,34. Das ist der niedrigste Wert, der in Österreich je verzeichnet worden ist. In Nordeuropa ist er wesentlich höher, im Süden Europas, in Italien und Spanien, etwas niedriger.

Bei der Aufteilung der Familienarbeit hat sich in den vergangenen Jahren wenig geändert. Die Familienarbeit wird zum größten Teil nach wie vor vom weiblichen Partner geleistet. Das Rollenbild und das Selbstverständnis der Männer ist zwar im Wandel begriffen, der überwiegende Beitrag zur Erholung und zur Pflege von Familienmitgliedern oder zu Hilfeleistungen für diese wird aber nach wie vor von Frauen geleistet. Zudem sind Mütter die Hauptbetreuungspersonen von Kindern, auch wenn sie erwerbstätig sind. Die Erziehungsarbeit wird zu 80 Prozent von Frauen geleistet, sie ist nach wie vor Frauensache.

Es sind fast immer die Frauen, die, wenn sich in einer Familie Nachwuchs einstellt, ihre Erwerbstätigkeit unterbrechen, während der berufliche Werdegang der Männer durch die Geburt von Kindern kaum beeinflusst wird. Auf 120 Mütter, die in Karenz sind, kommt ein Vater, und die Hälfte dieser Männer war auch vorher arbeitslos. Sonst gehen die Männer nicht in Karenz.

Die Tatsache, dass die Familienarbeit größtenteils von Frauen geleistet wird, hat hauptsächlich wirtschaftliche Gründe. Die Frauen haben durchschnittlich ein niedrigeres Qualifikationsniveau als die Männer; das ist heute noch zu verzeichnen. Die Frauen erzielen auch niedrigere Einkommen. (Zwischenruf der Abg. Mag. Prammer. )

Frau Kollegin! Sie waren doch Frauenministerin, aber Sie haben da nichts bewirkt! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Sie brauchen das nicht zu bejammern, denn das ist ein Bericht aus dem Jahr 1999. (Abg. Binder: Dafür war Bartenstein zuständig!)

Meine Damen und Herren! Frauen haben auch geringere Aufstiegschancen. An dieser Situation haben Sie auch nichts verändert. Diese Bundesregierung ist bestrebt, das zu verändern und wesentliche Vorteile für die Frauen zu verwirklichen.

Der Anteil der Frauen bei den Teilzeit- und geringfügig Beschäftigten ist wesentlich höher als jener der Männer, und Frauen sind auch wesentlich länger in der Arbeitslosigkeit als Männer.

Der Wiedereinstieg der Frauen in das Berufsleben sieht so aus, dass die Chance, nach der Karenz denselben Arbeitsplatz wieder einzunehmen, mit der Länge der Dauer der Karenzzeit sinkt und auch auf Grund verschärfter Arbeitsmarktbedingungen kleiner wird. Je länger die Familienpause dauert, umso schwieriger ist für die Frauen die Rückkehr in die Berufswelt. Dort gehört der Hebel angesetzt. Beruf und Familie müssen besser vereinbar sein. Das wird im Regierungsprogramm auch umgesetzt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Bei allen Arbeitszeitmodellen, insbesondere bei atypischen Beschäftigungsverhältnissen, spielen wirtschaftspolitische Aspekte eine große Rolle, während familienpolitische Aspekte kaum Berücksichtigung finden. Ob es sich nun um flexible Arbeitszeit, Teilzeitarbeit oder geringfügige Beschäftigung handelt, diese Beschäftigungsmodelle werden nur dort angewandt, wo es der Wirtschaft hilft, und nicht dort, wo es den Familien hilft. Auf Familien wird dabei kaum Rücksicht genommen. Wir werden uns daher dafür einsetzen, dass Wiedereinstiegshilfen verstärkt angeboten und gezielt eingesetzt werden.


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