Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 64. Sitzung / Seite 67

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vertreter Gaugg in der Rednerliste durch den freiheitlichen Wirtschaftskämmerer Haigermoser ausgetauscht oder ersetzt wurde. – Das ist Symbolik, wie sie bei dieser Partei wahrscheinlich auch angebracht ist! (Beifall der Abg. Mag. Prammer. )

Das kann allerdings auch damit zusammenhängen, dass in den parteiinternen Beratungen Herr Gaugg momentan unentbehrlicher ist als Herr Haigermoser, der hier offensichtlich irgendwie zur Unterhaltung des Parlaments eingesetzt wurde. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich halte das nicht für einen Zufall, und zwar insofern nicht, als Herr Gaugg ja noch vor einer Stunde über die APA gegen die Ambulanzgebühr protestiert hat, und zwar vernünftig gegen die Ambulanzgebühr protestiert hat, sodass er offensichtlich bereits vor das Parteigericht oder was weiß ich wohin zitiert wurde. (Zwischenrufe der Abgeordneten Eder und Dr. Stummvoll. )

Meine Damen und Herren! Ich will mich aber nicht mit der Ambulanzgebühr und der etwas verworrenen Haltung der Freiheitlichen dazu beschäftigen, sondern zunächst noch eine Anmerkung zu Ihren Ausführungen machen, Herr Bundesminister.

Ich finde, es ist schon sensationell, Herr Bundesminister, wie Sie es schaffen, die EU-Arbeitslosenquote herzunehmen und damit Vollbeschäftigung nachzuweisen. Sie wissen: Die EU-Arbeitslosenquote ist in ihrer Erhebungsmethode anderen Kriterien unterworfen, ist viel ungenauer, basiert auf Mikrozensus-Erhebungen und hat nichts mit der tatsächlichen Arbeitslosigkeit zu tun, weil die EU-Arbeitslosenquote schon geringste Beschäftigungen – eben auch geringfügige Beschäftigungen – als Arbeit misst, und zwar so, als ob der Betreffende vollbeschäftigt wäre.

Das heißt, auch ein Arbeitsloser, der in der österreichischen Arbeitslosenquote als Arbeitsloser registriert wird und zu Recht auch Arbeitslosengeld erhält, wird nach den EU-Erhebungen als Beschäftigter registriert. Stellen Sie sich das vor!

Und dann sagt der Herr Minister, wir haben ja – wunderbar! – einen ausgetrockneten Arbeitsmarkt. Das Bild muss man sich vorstellen: den ausgetrockneten Arbeitsmarkt. Wir haben nach wie vor Registerarbeitslosenquoten von 5 oder 6 Prozent, und der Herr Minister sagt, wir haben einen ausgetrockneten Arbeitsmarkt, wobei ich mich immer frage: Was ist ausgetrocknet? Meint er damit die Menschen? Dann ist es ein zynisches Bild. Was meint er damit? Das Angebot an Arbeitskräften? Auch das ist nicht ausgetrocknet, Herr Bundesminister!

Ich sage Ihnen nur eines: Genau so, wie man 3 Prozent Arbeitslosenquote – egal, ob es jetzt die EU-Arbeitslosenquote oder die österreichische Registerarbeitslosenquote ist – aus politischen Gründen als Vollbeschäftigung definieren kann, ist in den fünfziger Jahren beispielsweise von britischen Ökonomen ein halbes Prozent Arbeitslosigkeit als Vollbeschäftigung definiert worden, und alles, was darüber lag, war nicht mehr Vollbeschäftigung. (Abg. Dr. Trinkl: 3 Prozent!) Ein halbes Prozent! – Ja, Sie zucken mit den Schultern. Sie haben jetzt die 3 Prozent erfunden (Abg. Dr. Trinkl: Nein! ...!), und zwar nicht die 3 Prozent Registerarbeitslosenquote, sondern der Herr Minister hat die 3 EU-Prozent, die eigentlich völlig irrelevant sind, als Vollbeschäftigung definiert. (Bundesminister Dr. Bartenstein: Ah so? – Abg. Dr. Mitterlehner: Wieso sind sie irrelevant?)

Sagen Sie nicht "ah so", Herr Minister! Sie wissen selbst, wie die EU-Arbeitslosenquote definiert wird, und Sie sagen selbst – das habe ich zumindest von Ihnen auch schon gehört, zu Recht gehört –, dass sie wesentlich ungenauer ist als die österreichische Methode, Arbeitslosigkeit zu registrieren. Nach der österreichischen Methode, Arbeitslosigkeit zu definieren, sind wir von der Vollbeschäftigung noch weit entfernt, egal, ob Sie Vollbeschäftigung bei einem halben Prozent oder bei 3 Prozent ansetzen. (Beifall bei den Grünen.)

Das ist das eine, aber das ist noch immer nicht das Eigentliche, sondern das nur als Vorbemerkung, Herr Bundesminister, zum Thema Deregulierung per se. Dazu hat Ihnen ja Kollege Kogler schon einen Vortrag gehalten. Ich möchte das ergänzen.


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