Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 65. Sitzung / Seite 9

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Wesentlichen nicht einmal die Verfassungsexperten gehört, obwohl in der Öffentlichkeit bereits ruchbar wurde, dass jene Vorlage, über die wir jetzt zu diskutieren haben, erneut verfassungswidrig sein könnte – der Abänderungsantrag liegt noch immer nicht vor.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist eine Politik ohne die Bürger, das ist die Fortsetzung des Kurses des Drüberfahrens – des rücksichtslosen Drüberfahrens! Wir Sozialdemokraten lehnen das ab! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Auch was die gesetzliche Materie selbst betrifft, gibt es breites Erstaunen. Die Ambulanzgebühren, die offensichtlich aus formalen Gründen aufgehoben wurden, haben in weiten Teilen der österreichischen Bevölkerung zu Protesten geführt. Einzelne Vertreter der Regierungskoalition haben angekündigt, dass man die nun entstandene Notwendigkeit einer Änderung dazu verwenden werde, die Ambulanzgebühren sozial ausgewogener zu gestalten.

Jener Antrag aber, der uns heute vorliegt, ist nicht eine soziale Verbesserung, sondern eine soziale Verschärfung, meine sehr verehrten Damen und Herren – und darin liegt der Skandal! (Beifall bei der SPÖ.)

Man muss sich die Frage stellen, was unter jenem "Lenkungseffekt" verstanden wird, von dem der Bundesminister und die Regierungsvertreter reden. Welcher Lenkungseffekt, meine sehr verehrten Damen und Herren, soll eintreten, wenn Menschen, die am Wochenende oder in der Nacht die Ambulanzen besuchen, dafür eine Ambulanzgebühr bezahlen müssen? Welche Alternativen haben diese Menschen, wenn sie zu diesem Zeitpunkt keine niedergelassenen Ärzte finden? Sie haben keine andere Alternative, als in eine Ambulanz zu gehen! Aber auch für diese Fälle sehen Sie nun eine Ambulanzgebühr vor! – Davon geht keine Lenkungswirkung aus, sondern das ist nicht mehr und nicht weniger als eine Krankenbestrafungssteuer, die Sie damit planen, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Sie lassen den Menschen keine Alternative und versuchen, auf – wie Sie meinen – billige Art und Weise zu Geld für das Budget zu kommen. Sie schaffen diese Ambulanzgebühren auf eine Art und Weise, die demokratischen Usancen widerspricht und mit der das soziale Gewissen unseres Landes erneut mit Füßen getreten wird. Sie erreichen damit aber keine Verbesserung der Situation der Kranken und der Finanzierung des Gesundheitssystems in unserem Land.

Dieses Gesetz ist ein Musterbeispiel für Husch und Pfusch, ein Musterbeispiel für jene Regierungspolitik, für die Sie stehen, meine Damen und Herren von ÖVP und FPÖ! (Beifall bei der SPÖ.)

Seit mehreren Tagen wird über die Verwaltungsreform diskutiert, und es wird interessante und wichtige Diskussionen mit den Bundesländern darüber geben, wie man die österreichische Verwaltung effizienter gestalten kann. Wenn es nun diese Diskussionen gibt – und es ist dies ein wichtiges Thema! –, dann muss man letztendlich jede gesetzliche Maßnahme daraufhin überprüfen, ob sie Bürokratie reduziert oder vermehrt. Und durch das, was Sie nun mit der Ambulanzgebühr vorhaben, wird enorme zusätzliche Bürokratie geschaffen werden müssen, um das zu administrieren. Die Art und Weise, wie das umgesetzt werden soll, wird in Österreich zu einem Bürokratiemonster führen – in Zeiten der Verwaltungsvereinfachung ist das der völlig falsche Weg, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Offensichtlich ist Herrn Abgeordnetem Gaugg bei der Vorgangsweise, die die Regierungsfraktionen für heute planen, schlecht geworden, denn er hat noch am 30. März gesagt:

"Ich bin dagegen, dass es in dieser Eile und in dieser überhasteten Form passiert, weil in der Eile sind schon Fehler passiert. Ich fürchte, dass es unter Umständen wieder zu Pannen kommen kann, und die kann man sich ersparen."

Herr Abgeordneter Gaugg hat völlig Recht. (Ruf bei der SPÖ: Wo ist er denn?) Die Vorgangsweise, die Sie vorhaben, wird nicht nur zu weiteren Pannen und zu weiteren Fehlern führen, sondern zu einer völligen Fehlentwicklung in der Verwaltungsstruktur unseres Gesundheitssystems. Es ist schade, dass Herr Abgeordneter Gaugg heute nicht die Gelegenheit wahrnimmt


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite