Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 65. Sitzung / Seite 21

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Was die ersten zwei Redner der Koalitionsfraktionen hier geboten haben, zeigt deutlich, dass das Hearing, das heute Vormittag stattfand, zwar nicht kostenlos, aber offensichtlich umsonst war. (Beifall bei der SPÖ.)

Die heutige Sitzung des Sozialausschusses hatte offensichtlich nur einen Zweck, nämlich eine Machtdemonstration gegenüber aufmüpfigen Abgeordneten. So wundert es mich nicht, dass Kollege Gaugg heute krank ist. Das war eine Machtdemonstration gegenüber der Opposition und eine Demonstration dessen, dass Macht der Regierungskoalition wichtiger ist als Vernunft. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Steibl. )

Meine Damen und Herren! Wir haben heute eine Geschäftsordnungsdebatte geführt und einen Antrag gestellt, den Verfassungsdienst einzubinden, weil in den "Oberösterreichischen Nachrichten" gestanden ist, dass der Verfassungsdienst Bedenken dahin gehend hat, ob die Vorlage, über die wir diskutieren, überhaupt verfassungskonform ist. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, haben es nicht zugelassen, dass Expertinnen oder Experten des Verfassungsdienstes dazu im Ausschuss Stellung nehmen konnten. Warum haben Sie das nicht zugelassen? Sehen Sie selbst, dass dieser Antrag, über den wir hier debattieren, nicht verfassungskonform ist? – Das ist die einzige Schlussfolgerung, die man daraus ziehen kann. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Öllinger und Dr. Van der Bellen. )

Meine Damen und Herren! Die Vorgangsweise, die diese Koalition bei den Ambulanzgebühren verfolgt, ist mehr als grob fahrlässig – grob fahrlässig hinsichtlich der demokratiepolitischen Auswirkung, grob fahrlässig hinsichtlich der Gesetzgebung im Allgemeinen, aber vor allem und insbesondere grob fahrlässig bezüglich der Sorgen und Argumente der betroffenen Menschen.

Es ist unbestritten geblieben, dass Sie damit keinen Lenkungseffekt erzielen. Ich denke an das Beispiel, das Kollege Öllinger heute zitiert hat, nämlich des Rheumapatienten aus dem Burgenland, der nach Wien in die Rheuma-Ambulanz fahren muss. Was sagt der Sachverständige, der Experte, ohnedies Ihnen angehörig, dazu? – Es ist nicht sinnvoll, überall solche Einrichtungen zu schaffen. Das hat keinen wirtschaftlichen Sinn. – Zitatende.

Dafür, dass das keinen wirtschaftlichen Sinn hat, darf aber dieser Rheumapatient in Zukunft zahlen. Das finden Sie sozial? – Das ist unsozial und menschenverachtend! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Öllinger. )

Oder das Beispiel betreffend Fischgräten. Herr Bundesminister! Ich hatte selber so ein Erlebnis, das ist allerdings schon vier Jahre her. Ich habe eine Fischgräte verschluckt, es war abends, sie ist festgesteckt, ich habe schon etwas geblutet, also bin ich in die Spitalsambulanz gefahren. Die Fischgräte ist im Zungengrund gesteckt. Ich musste sogar in zwei Ambulanzen gehen, denn die erste Ambulanz hatte keine lange Zange – oder wie man dieses Instrument nennt –; in der anderen Ambulanz hat man mich endlich von dieser Fischgräte befreit, hat mir Tropfen gegeben und mich nach Hause geschickt. Ich glaube nicht, dass die Ärzte dort fahrlässig gehandelt haben, wie Sie heute im Ausschuss gesagt haben. In Zukunft wird man in so einem Fall zahlen müssen, weil man nicht stationär aufgenommen worden ist. (Abg. Dr. Krüger: Das ist ein Notfall!)  – Aber der Notfall ist nur dann ausgenommen, wenn man stationär aufgenommen wird, meine Damen und Herren. Sie wissen nicht einmal, was Sie hier beschließen wollen! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Öllinger. )

Das ist der menschenverachtende Umgang ... (Abg. Dr. Rasinger: Die Fischgräte ist noch immer drinnen!)  – Und Sie lachen dazu, Kollege Rasinger? Was sind denn Sie für ein Arzt? – Das frage ich mich schon! Das ist menschenverachtend! (Beifall bei der SPÖ.)

Sie wollen hier im Eilzugstempo einen Abbau des Sozialstaates durchführen und eine Mehr-Klassen-Medizin einführen. Das ist offensichtlich und offenkundig durch Ihr Verhalten. Wahlfreiheit gilt für die, die es sich nach Ihrer Politik leisten können – und dagegen sind wir! Wir wollen,


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