Ich habe Sie im Ausschuss gefragt, Herr Justizminister. Aber mein Problem ist: Sie sind und bleiben Anwalt. Als Anwalt vertreten Sie Interessen, vertreten Sie Mandanten, vertreten Sie Lobbys, vertreten Sie die Freiheitlichen. Aber jetzt, da Sie Justizminister sind, sollten Sie sich doch von Ihrer Anwaltstätigkeit zu einer prinzipiellen Justiztätigkeit gewissermaßen hinaufarbeiten, sollten Sie Hüter rechtsstaatlicher Prinzipien und demokratiepolitischer Grundsätze sein. Sie wollten es bis Ende Februar 2001 sein. Mitte Februar haben Sie noch groß verkündet, Sie werden den Rekurs gegen diesen Zusammenschluss durchführen. Sie haben ja die Möglichkeiten dazu. Sie sind ja praktisch von Ihrem Amt her die letzte Instanz, die diesen Rekurs hätte machen können. Sie haben es auch angekündigt. Kollege Krüger hat das seriöserweise ebenfalls mitvertreten und angekündigt. Es gibt Zitate im "Standard" von Ihnen, Herr Kollege Krüger, vor denen ich den Hut ziehe.
Nur: Dann fielen Sie, Herr Justizminister, wieder zurück. Es kam der 28. Februar – Sie setzten wieder den Anwaltshut auf, den Justizministerhut legten Sie hin, es wurde 24 Uhr –, und es gibt keinen Rekurs! Herr Minister! Das ist ein Umfaller! (Beifall bei den Grünen.) Ich glaube, Sie wären es der Demokratie in Österreich schuldig gewesen, Sie wären es der Justiz schuldig gewesen und Sie wären es vor allem Ihrem eigenen Ruf und auch – ich wiederhole – den Wurzeln einer Partei schuldig gewesen, die auch liberal sein könnte oder sein hätte können, etwas zu tun.
Ich darf noch einmal kurz auf etwas zurückkommen. Im Ausschuss haben Sie auf meine Frage geantwortet, der Rekurs habe aus folgenden Gründen keine Aussichten: sozialpartnerschaftlich arrangierte Gerichte, Gutachter in der Mehrzahl gegen die Zurücknahme dieses Urteils, zu hohe Kosten, der Republik drohe Schadenersatz und so weiter.
Ich habe mich kundig gemacht, ich habe in der APA Mitteilungen ausgehoben, ich habe in Magazinen nachgelesen, ich habe recherchiert. Bitte, dem ist nicht so! Es gab – damit darf ich Ihnen noch einmal die Geschichte dieses demokratiepolitisch sehr, sehr bedenklichen Prozesses vor Augen führen – immer wieder Stimmen, und zwar sehr fundierte und auch internationale, die gemeint haben, ein Rekurs sei möglich.
Sie hätten ja nur die eigene Finanzprokuratur mehr beachten müssen. Dort gab es – "schubladenreif!"; Sie hätten es sofort aus der Schublade herausholen können – das Rekursverfahren, gab es die Möglichkeit, das zu beeinspruchen. Auch wenn es nicht unbedingt von vornherein garantiert erfolgreich hätte sein müssen, sind Sie es doch als Justizminister und als Stellvertreter und Repräsentant der Justiz eben dieser Justiz und auch den Österreicherinnen und Österreichern schuldig, dass Sie Rechtsklarheit schaffen. Und ein Rekurs ist Rechtsklarheit, ist ein Schritt zur Rechtsklarheit! Das hätten Sie tun müssen. (Beifall bei den Grünen.)
Was steht auf dem Spiel? – Wir haben in Österreich Zustände, über die die "Financial Times Deutschland" formuliert – ich zitiere –: "Ärger als in Österreich ist die Presselandschaft europaweit nur in Weißrussland, Kroatien und Moldawien."
Bitte, das schreibt die "Financial Times Deutschland"! Das ist nicht irgendein Urteil einer Oppositionspartei, das ist nicht ein Urteil irgendeiner österreichischen Zeitschrift oder Zeitung, die vielleicht in Konkurrenz zu diesem Megadeal steht. Nein, das sagen ausländische Medien, und ich habe vor allem ausländische Medien gelesen. Ich habe die "Süddeutsche Zeitung" gelesen, ich habe die "Neue Zürcher Zeitung" gelesen, und das Urteil war jeweils vernichtend!
Ich will nicht haben, dass Österreich auch in dieser Hinsicht dem Spott und Hohn Europas ausgesetzt wird, wenn etwa in der "Süddeutschen Zeitung" am 7. März 2001 getitelt wird: "Staatsgefährdende Feigheit". – Und staatsgefährdende Feigheit haben leider auch Sie an den Tag gelegt, Herr Justizminister! (Beifall bei den Grünen.)
Vielleicht hätte ein Justizminister Ofner seinerzeit, als die Freiheitlichen noch liberaler waren, den Rekurs gewagt. Ich traue es ihm zu. (Abg. Dr. Ofner: Ich habe nicht gewusst, dass es den gibt!) – Dann ist das Ihr justizpolitisches Defizit, dass Sie dieses Wissen gar nicht besitzen. Ich habe nicht Jus studiert, ich weiß es aber. Wenn Sie als langjähriger Anwalt vorgeben, das hätten Sie nicht gewusst, entschuldigen Sie, da kann ich nur lachen! Mehr kann ich dazu nicht sagen.