Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 68. Sitzung / Seite 59

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das eine der wichtigsten Fragen, die wir in den nächsten Jahren lösen müssen. Was mir heute aufgefallen ist, ist der Umstand, dass wir uns hier eher in gegenseitigen Schuldzuweisungen ergehen: Der eine bringt Kärnten als Beispiel, der andere bringt die Wiener Gebietskrankenkasse als Beispiel, und beide sagen, da sei Misswirtschaft betrieben worden.

Tatsache ist, dass wir im Gesundheitsbereich folgende Problematik haben: dass die Einnahmen um rund 3 Prozent steigen, dass aber die Ausgaben im letzten Jahr um zirka 6,4 Prozent gestiegen sind. Daher ist es keine Frage des Managements, die Dinge ins richtige Lot zu rücken, sondern eine Frage der Strukturen, eine Frage der Leistungen, möglicherweise auch eine Frage der Einnahmen.

Weil hier vom Kollegen Pumberger, der jetzt leider nicht da ist, die Wiener Gebietskrankenkasse angesprochen worden ist, möchte ich auch dazu etwas sagen: Die schlechte Situation im Bereich der Wiener Gebietskrankenkasse ist nicht deshalb entstanden, weil dort Missmanagement im großen Ausmaß betrieben worden ist, sondern deswegen, weil man in Wien ganz einfach andere Strukturen hat (demonstrativer Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Brosz ) als beispielsweise in Oberösterreich oder in Vorarlberg. Der richtige Vergleich wäre der gewesen, wenn man Wien mit Frankfurt oder Zürich verglichen hätte und nicht mit Oberösterreich oder einem anderen Bundesland.

Genauso wenig wäre es fair, wenn ich jetzt hergehen und sagen würde, ich vergleiche mit der Gebietskrankenkasse Kärnten. Diese weist nämlich relativ schlechte Zahlen auf, weil sie bei der Spitalspauschale hohe Beiträge zahlt, da man hohe Honorare hat und so fort.

Meine Damen und Herren! Wir brauchen da – darauf möchte ich hinkommen – eine sachorientierte Diskussion ohne Schuldzuweisungen. Wir sollten uns vielleicht einmal über Standards unterhalten. Wir sollten uns die Frage stellen: Welche Standards brauchen wir im System der Gebietskrankenkassen? Wie viele Ärzte sind im Facharztbereich, wie viele Ärzte sind im niedergelassenen Bereich notwendig, um ein System entsprechend aufrechterhalten und vor allem auch ausbauen zu können? (Beifall bei der ÖVP.)

Die von Abgeordnetem Lackner gestellte Frage, ob wir in Richtung eines Zweiklassensystems gehen, ist meines Erachtens die falsche Fragestellung. Ich muss Ihnen dazu auch sagen: Ich habe in diesem Zusammenhang nie öffentlich einen Selbstbehalt verlangt, weil wir uns mit den Partnern der Arbeitnehmerseite darauf geeinigt haben, dass das in unserem Sanierungsprogramm nicht vorkommt. Ich sage Ihnen aber, dass ich persönlich sehr wohl zu einem Selbstbehalt stehe. Warum soll die Gewerbeversicherung, wo das üblich ist, wo das gut funktioniert, nicht ein Beispiel für andere sein? Hätten wir das bei allen Krankenversicherungen durchgezogen, hätten wir ganz einfach der Wahrheit die Ehre gegeben, dann hätten wir 3,5 oder 4 Milliarden Schilling zur Sanierung des gesamten Krankenkassensystems und bräuchten uns nicht mit Ausnahmen und Sonstigem so herumzudrücken.

Die wirkliche Frage im Gesundheitsbereich, meine Damen und Herren, betrifft etwas ganz anderes. Die wirkliche Frage ist die: Gehen wir in Richtung eines staatlichen Gesundheitssystems, mit einheitlichen Beiträgen, mit einheitlichen Leistungen, vermutlich auch mit Rationierungen wie in England, mit Wartezeiten und dergleichen mehr, also in Richtung eines Systems, das dann gar nicht mehr funktioniert, oder bleiben wir bei einem System, wie wir es haben, nämlich einem System der Selbstverwaltung? (Beifall bei der ÖVP.)

Ich sage Ihnen: Dieses System ist bürgernäher, es ist kontinuierlicher, es ist kostenorientierter – aber wir haben da Reformbedarf. Ich glaube, die Reform muss in die Richtung gehen, dass wir neu bestimmen müssen, was der Hauptverband zu tun hat. Der Hauptverband soll nicht hauptsächlich eine politische Instanz sein, sondern er soll hauptsächlich Management- und Koordinierungsfunktionen übernehmen. Dann kann es nicht passieren, wie das jetzt der Fall ist, dass wir jetzt, im April, noch immer nicht wissen, wie der tatsächliche Voranschlag der Gebietskrankenkassen ausschaut. Es haben einige offensichtlich noch immer nicht begriffen, dass wir die Angleichung bei den Arbeitern und Angestellten per Gesetz beschlossen haben und dass keine


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