Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 68. Sitzung / Seite 150

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11. Die Behauptung der Bundesregierung, daß 75 Prozent der EinkommensbezieherInnen nicht betroffen wäre, ist falsch. Alleine die Anhebung der Verbrauchssteuern und Gebühren oder die Verringerung der Absetzbeträge machen einen Teil der 1999 beschlossenen Steuerreform 2000 und das 1998 beschlossene Familienpaket rückgängig, die insbesondere dem unteren Einkommensdrittel große Vorteile gebracht haben. Dazu kommen noch Ambulanzgebühren, Besteuerung von Unfallrenten, Verteuerungen beim Heizen und Autofahren, usw.

12. Die Pensionisten, die überwiegend zum unteren Einkommensdrittel zu zählen sind, sind von den steuerlichen Konsolidierungsmaßnahmen auch in höchstem Maß betroffen. Pensionisten mit einem Einkommen von über 25.000 Schilling brutto zahlen heute bereits mehr Lohnsteuer als vor der Steuerreform. Damit wurde entgegen aller Wahlversprechen in bestehende Pensionen massiv eingegriffen und netto gekürzt. Dazu kommen noch die Belastung mit höheren Verbrauchssteuern und Gebühren, der Selbstbehalt in der Krankenversicherung, das Streichen der Mitversicherung usw.

13. Die Situation für die Frauen verschlechtert sich massiv. Die Einsparung treffen alle Frauen, besonders Studentinnen, junge Mütter, ältere Arbeitnehmerinnen, Pensionistinnen und Alleinerzieherinnen. Die ÖVP-FPÖ-Regierung kürzt in all jenen Bereichen, die vor allem frauenrelevanten Bezug haben. Damit wird die Armutsgefährdung von Frauen, also auch ihre Abhängigkeit gegenüber dem Partner und Ehemann erhöht. Die Situation des Mannes wird gestärkt, jene der Frau systematisch verschlechtert. Für die Verschlechterung der Frauen stehen – nur exemplarisch aufgelistet – u.a.: Die Kürzung des Familienzuschlages, die Einschnitte bei der beitragsfreien Mitversicherung, die Einführung der Studiengebühren.

14. Umverteilt wird auch im großen Stil von den Arbeitnehmern zu den Unternehmern durch die geplante Lohnnebenkostensenkung. – Die darüber hinaus in Zeiten guter Konjunktur wirtschaftlich weder notwendig noch sinnvoll ist. Durch die Absenkung von Sozialbeiträgen der Unternehmer sollen gemäß Regierungsprogramm bis 2003 jährlich 3,5 Milliarden im Bereich der Arbeitslosenversicherung, 3,2 Milliarden im Bereich des Entgelt-Sicherungsfonds, 1,7 Milliarden im Bereich der Unfallversicherung sowie 1 Milliarde durch die bereits erfolgten Maßnahmen im Be-reich der Krankenversicherung, also insgesamt jährlich mehr als 9 Milliarden Schilling den Arbeitnehmern weggenommen werden.

Das "historische Budget" von Finanzminister Grasser bedeutet also:

einsamer Rekord bei der Steuerlast

Rekord bei den Staatsausgaben

weiterhin Neuverschuldung und steigender Schuldenstand

EU-Schlußlicht bei der Einkommensentwicklung

und unterdurchschnittliches Wirtschaftswachstum

Nur weil das Budget und die Steuererhöhungen künftig in Euro ausgewiesen werden, sind die Steuerbelastungen oder Schulden deswegen nicht niedriger – im Gegenteil.

Die neue Bundesregierung verlagert lediglich das staatliche Defizit in die Taschen der Bürger. Das ist kein Meisterstück. Anstelle eines Budgetdefizits besteht nun

ein Defizit in den Geldbörsen der Bürger,

ein Defizit an Leistungen des Staates für seine Bürger,

ein Defizit an sozialer Gerechtigkeit und Treffsicherheit,

ein Defizit an Ehrlichkeit und Dialog,

ein Defizit bei der Bildung und bei der Forschung.


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