Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 69. Sitzung / Seite 56

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Möglichkeit zur Kooperation, die sie damals war. Wir beginnen in diesen Tagen um die künftige Sicherheitsdoktrin zu ringen. Wir wollen und sollten das gemeinsam und ehrlich tun.

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Es sollte dabei gelten, was Kollege Gusenbauer damals sagte, als er uns fürs SOFA-Abkommen ins Boot holen wollte. Er sagte damals ausdrücklich:

"Einigen wir uns darauf, daß wir versuchen, diese Debatte entemotionalisiert zu führen. Gehen wir nicht davon aus, daß der eigene Standpunkt zu 100 Prozent der einzig mögliche ist und" – denken Sie daran, wenn Sie von der Neutralität reden! – "als einziger Österreich vor Krieg bewahren und den Frieden sichern wird, sondern davon, daß wir seit dem Jahre 1989 in einer sicherheitspolitisch flexiblen Situation sind, in der einzelne Staaten unterschiedliche Schritte mit einer Zielsetzung unternehmen, nämlich Sicherheit, Frieden und Stabilität in Europa zu schaffen."

Kollege Gusenbauer hat dann noch hinzugefügt: "Das ist eine Diskussion, die man in einer vernünftigen Art und Weise führen kann. Am Ende dieses Prozesses sollte, falls sich im Haus eine Mehrheit ergibt, meiner Meinung nach das österreichische Volk damit zu befassen sein." – Wir unterschreiben das voll und ganz.

Meine Damen und Herren! Nehmen Sie sich die Worte Ihres eigenen – damals war er es noch nicht – Vorsitzenden zu Herzen! Reden wir ernsthaft und vernünftig über diese Sache. Es gibt viel zu tun im Bereich der Sicherheitspolitik. Wir sollten es gemeinsam anpacken! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

10.30

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Pilz. Die Uhr ist auf eine freiwillige Redezeit von 8 Minuten gestellt.

10.31

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Begriff "Schwenk" spielt in der militärischen Kommandosprache eine große Rolle. Er spielt offensichtlich auch eine große Rolle in der militärischen Kommandosprache der Freiheitlichen Partei. Genau das sollten wir heute besprechen.

Im Innenausschuss, der das Kriegsmaterialgesetz und das Truppenaufenthaltsgesetz besprochen hat, war von dem wichtigen sicherheitspolitischen Schwenk der Freiheitlichen Partei noch nichts erkennbar. (Abg. Jung: Dann haben Sie nicht aufgepasst!) Dort hieß es noch: Neutralität raus, so genannte internationale Organisation – ist gleich NATO – hinein.

Eines sollten wir jetzt besprechen, weil es heute zum ersten Mal in dieser Deutlichkeit geäußert wurde: Der sicherheits- und militärpolitische Konsens innerhalb der Bundesregierung ist von der Freiheitlichen Partei aufgekündigt worden. Die Position, Österreich solle der NATO beitreten, ist nach mehreren Wahlniederlagen von der Freiheitlichen Partei heute zum ersten Mal öffentlich aufgegeben und aufgekündigt worden. Damit befinden wir uns sicherheits- und militärpolitisch in einer neuen Situation.

Wir müssen jetzt diskutieren, wie es weitergeht. (Abg. Mag. Schweitzer: Hat aber lang gedauert!) Wie geht es weiter, wenn die Bundesregierung kein eindeutiges internationales sicherheitspolitisches Ziel mehr hat?

Ich persönlich bezweifle ja, dass die Freiheitliche Partei zu militär- und sicherheitspolitischer Vernunft gekommen ist. Sachlich deutet relativ wenig darauf hin. Ich glaube ganz einfach, dass die echte oder vorgeschobene Parteiführung in der Lage ist, Wahlergebnisse und Umfragen über die Zustimmung zur Neutralität sinnvoll und intelligent zu interpretieren. (Abg. Neudeck: Das nennen Sie "ernsthafte Debatte"?) Wenn man eine Wahl nach der anderen verliert und nicht mehr weiß, wie man aus der Regierungsfalle herauskommt, dann mag ein Schwenk hin zur zweidrittelmehrheitsfähigen Neutralität möglicherweise opportun erscheinen.


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