Das ist noch nicht Neutralitätspolitik, das ist noch keine neue sicherheitspolitische Haltung, aber das ist bereits ein zerbrochener Konsens in der österreichischen Bundesregierung. Das Positive daran ist, es eröffnet die Möglichkeit, auch in der Diskussion über die Sicherheits- und Verteidigungsdoktrin im Unterausschuss des Landesverteidigungsausschusses möglicherweise etwas offener und sachorientierter miteinander zu diskutieren.
Wir stehen vor der Frage, die ganz einfach lautet: Wo soll Österreich in Zukunft international seinen sicherheits- und militärpolitischen Platz finden?
Dazu gibt es einen Vorschlag der Österreichischen Volkspartei, den die Freiheitliche Partei bis vor wenigen Wochen mit unterstützt hat. Er lautet, Österreich soll seine Streitkräfte einem militärischen Bündnis unter Oberbefehl der Vereinigten Staaten von Nordamerika unterstellen. Die österreichische Militärpolitik soll vom amerikanischen Präsidenten und seinem Verteidigungsminister im Rahmen der NATO bestimmt werden. Das ist ein klassisches Satellitensystem, für das die Österreichische Volkspartei immer wieder Gründe wie Solidarität, nicht Trittbrett fahren und so weiter vorbringt.
Die Alternative dazu lautet, die eigene Stellung in der Herausbildung einer europäischen Sicherheitspolitik zu bestimmen. Jeder, der sich ernsthaft mit europäischer Sicherheitspolitik beschäftigt – und die Freiheitliche Partei wird nach ihrem Kurswechsel gezwungen sein, gerade auch das zu tun –, wird wissen, dass in der Europäischen Union einzig und allein die Frage diskutiert wird, welche Art der Petersberg-Aufgaben von welchen Staaten und Mitgliedern der Europäischen Union wahrgenommen werden soll.
Es gibt Hardliner, konservative Kräfte, die sagen: Bei den obersten, den härtesten Petersberg-Aufgaben, möglichst den militärischen Interventionen – und es gibt insbesondere in der Freiheitlichen Partei Kräfte, die das sagen –, beim nächsten Blitzkrieg, unter welchem Kommando auch immer, wollen wir dabei sein, wir müssen mit, wenn das nächste Mal der Irak bombardiert wird, dann muss hintennach ein österreichischer Abfangjäger fliegen (Abg. Mag. Schweitzer: Er fiebert noch immer!), sonst können wir nicht mehr stolz auf uns und unsere Kameraden sein! (Abg. Mag. Schweitzer: Heute schon wieder ein Fieberanfall!)
Wir sagen, das Problem im Irak ist nicht das Fehlen des nachfliegenden österreichischen Abfangjägers, sondern das Fehlen eines internationalen Konsenses über eine Friedens-, Sicherheits- und Menschenrechtspolitik in dieser Region. Wir suchen die österreichische Rolle genau da, und da werden wir spannende Diskussionen rund um die Doktrin haben.
In der Entwicklung – darüber sind sich viele, wenngleich nicht alle europäischen Sicherheitsexperten einig – wird sich wahrscheinlich herausstellen, dass Staaten wie Österreich eher solidarische Aktionen am unteren Rande der Petersberg-Aufgaben zukommen: präventive, konfliktverhindernde Aktionen, Konfliktvermeidung, menschliche, soziale, auch rechtliche und polizeiliche Hilfe, aber am allerwenigsten die eher seltenen, harten Aktionen.
Ich bin froh, dass diese Debatte beginnt. Trotzdem möchte ich, weil das aus irgendeinem Grund meine Vorredner nicht interessiert hat, noch kurz einige Sätze zum Kriegsmaterialgesetz sagen.
Meine Damen und Herren! Vieles von dem, was in der nicht sehr weit gehenden Novellierung steht, ist nicht unvernünftig. Es gibt aber einen einzigen Punkt, auf den ich den Innenminister hier aufmerksam machen möchte und an dem ich mit ihm öffentlich die möglichen Konsequenzen seines Handelns und seiner Vorlage diskutieren möchte.
In den Abkommen, die die Republik Österreich unterschrieben hat – dem Wassenaar Arrangement, dem EU-Verhaltenskodex und der UN-Liste über Rüstungsgüter – stehen eindeutige Berichtspflichten. Das sind Berichtspflichten, in denen enthalten ist, dass über jedes Stück und jedes Bestimmungsland detailliert zu berichten ist.
Ich habe im Ausschuss verlangt, dass nicht nur die Europäische Union, nicht nur die UNO und nicht nur die Wassenaar-Gremien, die ja hier in Wien ihren Sitz haben, detailliert informiert werden, sondern auch der österreichische Nationalrat. Jetzt liegt mir ein Abänderungsantrag vor,