Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 69. Sitzung / Seite 95

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freue mich darüber. Ich freue mich darüber, dass selbst der österreichische Nationalrat in dieser Frage einsichtig war. Schade für die alte Regierung, dass sie sich nicht dazu durchringen konnte, aber es ist jetzt passiert.

Aber die nächste Möglichkeit, dem Geist der Staatszielbestimmung und dem Minderheitenschutz zu entsprechen, nämlich durch die Ratifizierung der Sprachencharta, wird schon einmal ausgelassen, oder wieder einmal ausgelassen, denn – und jetzt komme ich zum Hauptkritikpunkt meinerseits, den ich auch in einem Abänderungsantrag, der dem Präsidenten vorliegt und der verteilt wird, zum Ausdruck bringe – hier wird bewusst, absichtlich – anders kann ich es mir nicht erklären – eine volksgruppenpolitische Linie geändert, die bisher Gültigkeit hatte, nämlich jene, wonach es eine Tatsache ist, dass die Roma in Wien Teil der Volksgruppe der Roma sind und ihrer Sprache demzufolge auch ein entsprechender Status zukommt.

Seit es den Volksgruppenbeirat für die Roma gibt, ist Rudolf Sarközi, der Vorsitzende des "Kulturvereins österreichischer Roma" in Wien, Vorsitzender dieses Beirates, aber die Sprache der Roma in Wien hat keinen Einfluss auf die positiven Punkte, die Grundlage der Ratifizierung der Charta sind.

Der Schutz der Charta der Regional- oder Minderheitensprachen erstreckt sich nicht auf die Sprache der Roma in Wien, und ebenso erstreckt sich dieser Schutz nicht auf die Sprache der Burgenlandkroaten in Wien, obwohl es seit der Konstituierung des Beirates für die Volksgruppe der Kroaten vollkommen selbstverständlich ist, dass es zwei Volksgruppenorganisationen gibt, die in diesem Beirat sitzen – sie wurden inzwischen auch schon wiederberufen – und den Bundeskanzler und den Herrn Staatssekretär in volksgruppenpolitischen Angelegenheiten beraten, nämlich der Kroatische Kulturverein in Wien, der im Jahre 1934 sozusagen formell gegründet wurde – die Statuten stammen von 1934, die erste Tätigkeit gab es bereits in den zwanziger Jahren –, und auch der Kroatische Akademikerklub, der auf etwa die gleiche Zeit zurückgeht.

Hier wurde absichtlich – denn darauf haben die Organisationen schon längst vor der Ausarbeitung der Regierungsvorlage hingewiesen – nicht in Betracht gezogen, die Sprachen der Burgenlandkroaten in Wien und der Roma in Wien unter den Schutz dieser Charta zu stellen. Das kann ich nur, wenn ich es ganz sanft formuliere, als einen unfreundlichen Akt sehen. Aber so sanft bin ich nicht, meine Damen und Herren, und die Beratungen im Ausschuss sowie Pressekonferenzen von Seiten der Freiheitlichen Partei haben ja auch gezeigt, dass es wieder dieser Reflex, den wir so oft beobachten müssen (Zwischenruf des Abg. Ellmauer ), diese Xenophobie, diese Angst vor Zuwanderern ist, die offenkundig die Autoren dazu verleitet hat, zu sagen – und das ist ja auch offen ausgesprochen worden –: Wir wollen keine Vermischung zwischen den Kroaten, die zugewandert sind, und den Burgenlandkroaten, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Nun, die Burgenlandkroaten – das hat sogar Dr. Ofner gesagt – wollen das auch nicht, aber die Burgenlandkroaten wollen sich nicht durch die Ratifizierung der Charta ihr Existenzrecht in Wien nehmen lassen! Die Gefahr, dass das so interpretiert wird, ist gegeben. Darum bringen wir unseren Abänderungsantrag ein, und darum gibt es auch den Entschließungsantrag der SPÖ und der Grünen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Dass die Regierung in diesen Fragen nur von den Motiven der Angst oder des Vorurteils oder was auch immer geleitet wird, zeigt auch die Tatsache, dass alle drei Experten, die im Ausschuss geladen waren – um überhaupt dem Ausschuss zu erklären, worum es da geht, warum es wichtig ist, und was das Ziel sein soll –, einhellig den Ausschuss und damit die Mitglieder des Nationalrates gebeten haben, diesen Mangel zu beseitigen. Dieser beeinträchtigt zwar nicht die Ratifikation, aber er macht diese gesetzgeberische Maßnahme wieder in gewisser Hinsicht stümperhaft.

Mich, meine sehr geehrten Damen und Herren, betrifft das auch als Person, als Individuum und als Bürgerin, als eine Burgenlandkroatin, die in Wien lebt, die Burgenlandkroatisch spricht und die das Recht auf ihre Muttersprache, auf ihre kulturelle Identität, auch als Wochenpendlerin gewahrt wissen will. Die Zeiten haben sich eben geändert, meine sehr geehrten Damen und


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