Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 69. Sitzung / Seite 96

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Herren. Die Zeit, in der jemand in Stinatz/Stinjaki, Veliki Borištof/Großwarasdorf auf die Welt gekommen ist, in die Schule gegangen ist, dort gelebt hat und dort begraben wurde, ist vorbei. Die Menschen sind mobil, aber wir wollen uns durch die Mobilität und durch die modernen Zeiten nicht Rechte einschränken lassen. Darum geht es. Es ist nicht eine Frage von Vermischung, es ist nicht eine Frage von zusätzlichen Rechten – diese Charta gibt nicht einmal einen Millimeter zusätzliches Recht –, sondern diese Charta soll ein Bekenntnis zur historisch gewachsenen kulturellen Vielfalt darstellen, wie sie in der österreichischen Bundesverfassung seit letztem Jahr verankert ist.

Es tut mir aufrichtig Leid um die vertane Chance, und deshalb bitte ich Sie: Überdenken Sie es noch! Wir könnten noch in Form einer Entschließung zum Ausdruck bringen, dass nicht gemeint ist, Rechte, die es bereits gibt, in Abrede zu stellen. Ich glaube auch nicht, dass das die Intention des so auf ehrlichen Konsens gerichteten Bemühens des Alt-Landeshauptmannes Dr. Zernatto ist und auch nicht jene der anderen Abgeordneten, die hier – einige von ihnen seit vielen Jahren – aktiv sind, in Beiräten sitzen, sich für die Rechte der Volksgruppen stark machen.

Lassen Sie sich diese Chance bitte nicht nehmen, und tun Sie das jetzt für die Zukunft der Kinder – in dem Fall der Roma in Wien und der Burgenlandkroaten in Wien. – Danke. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

13.10

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Staatssekretär Morak. – Bitte.

13.10

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! Es ist mir ein ganz besonderes Anliegen, dass Österreich nunmehr die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen ratifizieren wird. Ich meine, dass diese Charta ein wichtiges völkerrechtliches Instrument zum Schutz und zur Erhaltung der Sprachen der sechs in Österreich beheimateten Volksgruppen darstellt, und, Frau Abgeordnete Stoisits, hierin – in der völkerrechtlichen Absicherung dieser Minderheitensprachen – liegt die Verbesserung, von der Sie gesprochen haben.

Die Bundesregierung hat damit – Herr Dr. Ofner hat es schon erwähnt – nach der Beschlussfassung über die Staatszielbestimmung, nach der Topographieverordnung für das Burgenland und der Amtssprachenverordnung Ungarisch einen weiteren Meilenstein, wie ich meine, eine eindeutige Markierung zugunsten der österreichischen Volksgruppen gesetzt.

Durch die Ratifikation der Charta soll eine Reihe von innerstaatlich gewährleisteten Rechten nunmehr auch völkerrechtlich abgesichert werden. Die Bundesregierung wird damit ein weiteres im Memorandum der österreichischen Volksgruppen festgehaltenes Anliegen der Volksgruppen erfüllen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Aus europäischem Blickwinkel weise ich darauf hin, dass die Sprachen-Charta zwar seit 1992 zur Unterzeichnung auflag, dass sie aber erst am 1. März 1998 – nach der Ratifikation durch fünf Staaten – völkerrechtlich in Kraft getreten ist. Nachdem vor einigen Wochen auch Großbritannien und Spanien die Charta ratifiziert haben, haben nunmehr 13 von insgesamt 43 Mitgliedstaaten des Europarates die Sprachen-Charta ratifiziert.

Die Ratifizierung der Charta durch Österreich unterstreicht das Bemühen Österreichs, im Bereich des Minderheitenschutzes eine Vorbildfunktion im europäischen Konzert einzunehmen, Standards bei den Minderheitensprachen zu setzen.

Österreich wird anlässlich der Ratifikation der Sprachen-Charta die Sprachen der sechs autochthonen Volksgruppen unter den Schutz des Teiles II der Charta stellen. Dieser Teil enthält allgemeine Ziele und Grundsätze zugunsten der Sprachen und ist unabhängig von den jeweiligen autochthonen Siedlungsgebieten anwendbar.


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