Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 69. Sitzung / Seite 116

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Herr Dr. Ofner! Das impliziert doch, dass Sie meinen, dass das nicht wirklich Flüchtlinge sind, sondern dass sie einmal schauen wollen, wie es in Österreich aussieht. (Abg. Dr. Ofner: Wird bei vielen so sein!) Sie verkennen dadurch (Abg. Dr. Partik-Pablé: Was soll ein 15-Jähriger ...?), dass Jugendliche nicht gerne und freiwillig weggehen, sondern verfolgt werden. Vielleicht verkennen Sie die Tatsache, wie auch die Menschenrechte von Jugendlichen in manchen Ländern geschunden werden, sodass Jugendliche ihres Lebens nicht mehr sicher sind und weggehen müssen. Das ist Ihr Bild: Sie meinen, es sind das alles irgendwelche, die eben einmal nachschauen wollen, wie es hier ist, und wenn es ihnen nicht gefällt, gehen sie wieder weg – nach dem Motto: Aus Jux und Tollerei gehen wir einmal nach Österreich und schauen, wie dort das Leben ist.

Dem entspricht auch die Haltung der freiheitlichen Abgeordneten Freigaßner im Ausschuss. Dort hat sie gemeint, dass das Lernen der deutschen Sprache während der Zeit, in welcher der oder die Minderjährige noch keine Antwort oder noch keinen positiven Bescheid zum Asylantrag bekommen hat, als eine Maßnahme der Integration nicht vorzusehen ist.

Herr Dr. Ofner, Sie haben sogar gesagt: Das ist eine Belastung für die Betroffenen, das ist eine unzumutbare Anforderung. – Aber gerade Jugendliche tun sich mit dem Lernen von Sprachen um vieles leichter als wir Ältere.

In der vorigen Diskussion hat sogar jemand von ÖVP und FPÖ gemeint, dass Sprachen eine Bereicherung sind. Warum sollen also diese Jugendlichen, wenn sie für mehrere Monate hier in Österreich sind, nicht Deutsch lernen können? (Abg. Dr. Ofner: Dann gehe ich davon aus, dass Sie für den Westenthaler-Antrag eintreten werden, Ausländer sollen Deutsch ...!)  – Weil sie, wie Ihre Kollegin Freigaßner vermutet, dann, wenn der Asylantrag abgelehnt wird, illegal nach Österreich zurückkehren, weil sie dann schon Deutsch können. Haben sie Deutsch gelernt, dann kommen sie gleich wieder. (Abg. Dr. Ofner: Sie haben eine merkwürdige Parallele zum Abgeordneten Westenthaler: Deutsch lernen!)

Sie gehen hier von dem Bild aus, dass diese Jugendlichen wirklich aus Jux und Tollerei nach Österreich kommen und nicht unsere Unterstützung brauchen. (Abg. Dr. Ofner: Westenthaler – Lunacek!) Deswegen sind Sie auch nicht dafür, dass diese Jugendlichen einen geregelten Aufenthaltsstatus bekommen, und deswegen sind Sie anscheinend auch nicht dafür, dass bei Minderjährigen generell nicht die Schubhaft verhängt wird. Mir tut das sehr Leid. Es wäre eine Chance gewesen, dass Sie hier eine andere Position beziehen. Trotzdem ist es gut, dass es einen ersten Schritt in Richtung dieser Clearingstellen gibt.

Was die Sprache und das Bild von den jugendlichen Minderjährigen betrifft, denke ich, dass da noch viel Arbeit zu leisten ist. Leider stimmen Sie diesmal unserem Antrag – beziehungsweise dem des Herrn Kollegen Posch, um ihn hier nicht vereinnahmen zu wollen – nicht zu. Vielleicht gelingt das ein nächstes Mal. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.36

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dobnigg. – Bitte.

14.36

Abgeordneter Karl Dobnigg (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Damen und Herren! Hohes Haus! Bezüglich der Notwendigkeit der Errichtung von Clearingstellen für die Betreuung von minderjährigen Flüchtlingen und Asylwerbern sind sich grundsätzlich alle Parteien hier im Parlament einig. Auch von Seiten des Herrn Bundesministers kam heute eine entsprechende Zusage. Unterschiedliche Meinungen gibt es leider bezüglich der Anzahl dieser Stellen.

Diese Clearingstellen werden vor allem eine zentrale Anlaufstelle für minderjährige Flüchtlinge darstellen. Wie wir immer wieder feststellen müssen, nehmen in der großen Gruppe von Flüchtlingen und Asylsuchenden die unbegleiteten Minderjährigen eine besonders tragische Stellung ein. Sie kommen zumeist ohne Sprachkenntnisse, nach einer langen und beschwerlichen Flucht aus ihrem Heimatland, wo sie verfolgt wurden oder werden, abgekämpft und an der Grenze ihrer Belastbarkeit in unserem Österreich an.


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