Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 69. Sitzung / Seite 115

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Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Lunacek. – Bitte.

14.29

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Ich stimme meinem Vorredner, Herrn Hornek, sehr wohl zu, wenn er sagt, man muss den Jugendlichen eine Chance geben. Deswegen stimmen wir auch dem Antrag des Herrn Kollegen Posch zu. Bei einer Chance geht es auch darum, dass man genau sieht, worum es geht, worüber wir sprechen, für wen etwas geschehen soll und welche Maßnahmen genau zu setzen sind.

Worüber sprechen wir hier eigentlich? – Es geht darum, dass die Zahl von Jugendlichen, die in Österreich Asylanträge stellen, in der Vergangenheit nicht gesunken, sondern gestiegen ist. In den ersten beiden Monaten dieses Jahres hat es allein in Wien 170 neue Asylanträge von Minderjährigen gegeben. Verglichen mit dem Vorjahr ist das eine Steigerung um 100 Prozent.

Das heißt, es ist richtig und notwendig, dass jetzt diese Clearingstellen eingerichtet werden. Im Grunde begrüßen wir das. Aber dass die beiden Regierungsfraktionen dem nicht nähertreten können, dass sie sagen, bei Minderjährigen ist grundsätzlich von der Verhängung der Schubhaft abzusehen, kann ich wirklich nicht verstehen. Schon in der Kinderrechtskonvention, die auch Österreich unterzeichnet hat, steht ganz deutlich, dass hiefür Maßnahmen zu setzen sind: angemessener Schutz des Flüchtlingskindes, humanitäre Hilfe, besonderer Schutz und Beistand des Staates, geeignete Kinderbetreuungseinrichtungen, und es soll auch Kontinuität geben. Das alles sind Dinge, die in der Schubhaft wirklich nicht gewährleistet sind.

Von daher sind diese Clearingstellen ein guter Ansatz. Ich begrüße auch die Projekte, die es in diesem Zusammenhang gibt.

Dazu als Anmerkung die Frage: Ist auch für Kärnten eine solche Clearingstelle geplant? – Der Kärntner Landeshauptmann stellt sich ja immer als einer dar, der in gewisser Form durchaus sehr freundlich gegenüber Fremden eingestellt ist. (Abg. Pistotnig: Ist er auch!) Es würde mich interessieren, von den Rednern, die noch kommen werden – von der ÖVP oder vielleicht auch von der FPÖ –, zu hören, ob das auch für Kärnten geplant ist. Meinen Informationen nach gibt es das derzeit nicht.

Lassen Sie mich noch einmal auf die Punkte im Antrag des Herrn Kollegen Posch zurückkommen, denen die Regierungsfraktionen nicht beitreten können, nämlich bei minderjährigen Flüchtlingen prinzipiell von der Schubhaft abzusehen. Ich frage mich – und das haben Sie mir heute noch nicht beantwortet –, warum Sie nicht grundsätzlich sagen: Nein, Minderjährige gehören nicht in Schubhaft, sie brauchen eine ordentliche Betreuung, sie brauchen – wie Herr Kollege Ofner gesagt hat – Kleidung, Betreuung und etwas zum Essen.

Das brauchen auch diejenigen, die in Österreich sind, ohne Papiere zu haben, die so genannten papierlosen Jugendlichen. Da frage ich mich ebenfalls, warum Sie, da Sie doch sonst für Familien und für den Schutz von Kindern sind, nicht zustimmen, dass es auch für "papierlose" Jugendliche, die ohne eigenes Verschulden und ohne korrekten Aufenthaltsstatus in Österreich sind, eine generelle gesetzliche Lösung geben soll. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wahrscheinlich stehen Gedanken und Haltungen dahinter, die meiner Ansicht nach im Debattenbeitrag von Herrn Dr. Ofner zum Ausdruck gekommen sind, betreffend sein Bild von den Flüchtlingen. Er hat in seinem Redebeitrag vorhin gemeint, man müsse darauf achten, dass die Jugendlichen, wenn sie hier sind, wieder Kontakt mit ihrem Heimatland haben. Dagegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden, wenn es überhaupt eine Chance gibt, dass sie dorthin zurück können. Aber das Bild, das Herr Dr. Ofner von den Jugendlichen anscheinend hat, zeigt sich darin, dass er sinngemäß gesagt hat: Wenn es den Kontakt zum Heimatland wieder gibt, dann wird auch die Reue darüber vorhanden sein, dass sie sich abgesetzt haben.


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