Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 69. Sitzung / Seite 131

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Meine Damen und Herren! Worum geht es bei dem in Diskussion stehenden § 56 der Strafprozessordnung?

Gegenstand der genannten Bestimmung ist der Schutz der Interessen Dritter in einem anhängigen gerichtlichen Verfahren. Seien Sie versichert, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass sämtliche Mitglieder der österreichischen Bundesregierung und insbesondere auch ich in meiner Funktion als Medienstaatssekretär höchsten Wert darauf legen, dass der jedenfalls zu gewährleistende Schutz der Privatsphäre des Einzelnen niemals zu Lasten auch nur einer ansatzweisen Einschränkung der Pressefreiheit gehen wird! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Vielmehr handelt es sich hier um den klassischen Fall einer Rechtsgüterabwägung: Recht auf Meinungsäußerung auf der einen Seite gegenüber dem Schutz der Privatsphäre des Einzelnen auf der anderen Seite. Diesbezügliche gesetzliche Reformvorschläge wurden bereits unter dem früheren Justizminister Dr. Nikolaus Michalek ausgearbeitet und sind nun in den Entwurf zur Reform der Strafprozessordnung miteingeflossen. Anlässlich eines am 18. Juni 1996 hier im Hohen Haus abgehaltenen Symposions über den Persönlichkeitsschutz in den Medien nannte der von allen Fraktionen dieses Hauses respektierte Justizminister Dr. Michalek eine vernünftige Balance zwischen Persönlichkeitsschutz und Medienberichterstattung als ein Hauptziel der Regierungspolitik.

Michalek erklärte bei diesem Anlass – ich zitiere –: "Angesichts der gesellschaftlichen Macht und der suggestiven Kraft der Medien ist der Einzelne in der Regel der Schwächere und Schutzbedürftigere." – Zitatende.

Zustimmung erhielt der Justizminister damals vom damaligen Justizsprecher der SPÖ Dr. Willi Fuhrmann. Ich darf Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, dazu einladen, die nun vorliegende Novelle, die maßgeblich noch unter dem seinerzeitigen Justizminister Michalek konzipiert worden ist, nach den Gesichtspunkten einer modernen Justiz- und Medienpolitik zu beraten, nicht aber vordergründig und aus parteipolitischen Motiven eine Verunsicherung herbeizuführen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich meine, dass eine sachliche Diskussion über ein so wesentliches und komplexes Thema mit großer Ernsthaftigkeit geführt werden sollte und geführt werden soll und dass für Skandalisierung und oberflächliche Polemik und das Kassieren von parteipolitischem Kleingeld mir als Medienstaatssekretär diese Thematik jedenfalls zu wesentlich und zu wichtig für dieses Land ist. – Ich danke in diesem Sinne für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

15.33

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gehen in die Debatte ein.

Ich darf in Erinnerung rufen: Jeder Klub hat 25 Minuten Redezeit, und kein Redner darf mehr als 10 dieser 25 Minuten in Anspruch nehmen.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Pilz. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

15.34

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Bundeskanzler ist verschwunden! (Rufe bei der SPÖ: Wo ist er?)  – Da es keine Geschäftsordnungsbestimmungen über verschwundene Bundeskanzler gibt, habe ich mir erlaubt, einen zu Beginn der Debatte anwesenden Mitarbeiter des Bundeskanzlers zu dem Verbleiben desselben zu befragen. Das Resultat meiner Recherche gebe ich hiermit bekannt: Auch der Mitarbeiter des Bundeskanzlers ist inzwischen verschwunden! (Heiterkeit. – Rufe bei der ÖVP: Er ist wieder da! Dort sitzt er!)

Ob die Spur des Kanzlers wieder aufgenommen werden kann und wann der Kanzler wieder bereit sein wird, zu uns zu sprechen, das wird wahrscheinlich davon abhängen, wann die Bun


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