Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 69. Sitzung / Seite 132

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desregierung der Meinung ist, es gäbe wieder etwas zu beklatschen. Dass das heute nicht der Fall ist, das ist das Einzige, worin Bundesregierung und wir wahrscheinlich einer Meinung sind.

Herr Staatssekretär! Wenn Sie uns erklären, mit dem ganzen Gewicht Ihrer Person und Ihres Amtes eine Garantie für die Pressefreiheit abzugeben, dann muss ich Ihnen sagen: Das ist nicht besonders hoffnungsvoll für die Pressefreiheit! (Beifall bei den Grünen.) Ich kann Ihr persönliches Gewicht von hier aus nicht beurteilen, aber Ihr berufliches, Ihr Regierungsgewicht ist dermaßen gering, dass ich Garantien über die Pressefreiheit gern auf höherem Gewicht und einer solideren Basis aufbauen würde. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Worum geht es? Nach langem Druck, zahlreichen Interventionen, öffentlichen Verleumdungen der Richter und der Staatsanwälte ist es nicht nur der Freiheitlichen Partei gelungen, Teile der Wiener Staatsanwaltschaft zu beeindrucken – mit dem Wohlwollen des Ministers und mit zahlreichen öffentlichen Hinweisen des Ministers, was er sich von seinen Untergebenen eigentlich erwartet. Die Verfahren sind niedergeschlagen, Zeugen sind nicht einvernommen, Beweismittel sind unterdrückt, Akten sind gesäubert.

Ich verweise nur darauf, dass auf Befehl des Staatsanwaltes Klackl – und ausnahmsweise ist es notwendig, hier einen Namen zu nennen – der vorläufige Abschlussbericht der Wirtschaftspolizei sechs Mal vom Namen Dr. Dieter Böhmdorfer gesäubert worden ist. Im endgültigen Abschlussbericht wird der damalige Rechtsanwalt und heutige Justizminister Dr. Böhmdorfer nicht mehr erwähnt. Die Totalsäuberung nicht nur zugunsten Haiders und Stadlers, sondern auch des amtierenden Justizministers ist zu 100 Prozent gelungen. – Herr Justizminister! Sie haben beeindruckende Arbeit geleistet! (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Mag. Posch. )

Ich erspare es mir, im Detail zu begründen, warum wir keine Anfrage beziehungsweise keinen Antrag an Sie gerichtet haben. Nicht nur wir halten Sie nach dem neuerlichen Anschlag auf die Meinungs- und Pressefreiheit im politischen Sinne für einen Rückfalltäter. Wir glauben nicht, dass Sie irgendwo noch bereit sein könnten, einsichtig zu werden und auf den Boden der Menschenrechte und der bürgerlichen Freiheiten zurückzukehren.

Wahrscheinlich wiegt es zu schwer, dass Sie der Schlüsselanwalt in der Spitzelaffäre waren, dass Ihre Kanzlei die Schwarzgeldzentrale der Freiheitlichen Partei war, wahrscheinlich hätten Sie persönlich von einem rechtsstaatlichen Verfahren zu viel zu befürchten – deshalb können Sie kein Interesse daran haben, rechtsstaatliche Verhältnisse nicht nur in diesem Verfahren wiederherzustellen!

Herr Justizminister! Weil wir dieses Vertrauen nicht haben und weil kaum jemand in der österreichischen Öffentlichkeit mehr das Vertrauen in eine Person wie Sie, die nicht in der Lage ist, anders als der Vertrauensanwalt der Freiheitlichen Partei zu agieren, haben kann, stellen wir zum siebenten Mal den sachlich immer besser fundierten Antrag, Sie aus Ihrem Amt zu entlassen. (Abg. Ing. Westenthaler: Den zehnten feiern wir gemeinsam!)

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Pilz, Freundinnen und Freunde betreffend Versagung des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Justiz

Der Nationalrat wolle beschließen:

Dem Bundesminister für Justiz wird im Sinne des Art. 74 Bundes-Verfassungsgesetz das Vertrauen versagt.

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