Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 69. Sitzung / Seite 134

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Spitzenfunktionäre Böhmdorfers Staatsanwälte losmarschieren und Polizeiorgane zu den Journalisten in die Redaktionen schicken. (Zwischenruf des Abg. Mag. Schweitzer. )

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Kollege Dr. Pilz, jetzt ist nicht nur die freiwillige, sondern auch die zehnminütige Redezeit beendet. Bitte um den Schlusssatz!

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (fortsetzend): Meine Damen und Herren! Aus diesem Grunde haben wir einen Antrag eingebracht, der nicht nur eine Nagelprobe ist, sondern dessen Forderung in anderen Zeiten eine Selbstverständlichkeit gewesen wäre.

Ich persönlich bedauere, dass wir von hier aus den Versuch unternehmen müssen, für diese rechtsstaatlichen Grundsätze, die früher selbstverständlich gewesen wären, in diesem Haus wieder eine Mehrheit zu finden. – Danke. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

15.44

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der eingebrachte und verlesene Entschließungsantrag nach Artikel 74 der Bundesverfassung ist genügend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Cap. Die Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte.

15.44

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Es ist ein demonstrativer Akt, dass Herr Bundeskanzler Schüssel heute nicht anwesend ist, und wir warten noch immer auf eine Erklärung dafür. Wie ich höre, scheint er sich in seinem Arbeitszimmer im Bundeskanzleramt zu befinden. Ich frage mich: Wieso findet er nicht den Weg von seinem Arbeitszimmer ins Parlament? – Aber ich sehe das schon ein: Es ist das ehemalige Arbeitszimmer von Clemens Fürst Metternich, und wenn ich mir die Gesetze ansehe, die Sie uns hier permanent präsentieren, dann muss ich sagen, diese sind wirklich geprägt vom Geist des Clemens Fürst Metternich, des Knebel-, Spitzel- und Kerkermeisters der Habsburger, der verjagt wurde.

Somit hat 1848 die Presse- und Meinungsfreiheit erst so richtig begonnen. Das sollten wir würdigen, und Parteien, die ihre Wurzeln besonders auf diese Zeit zurückführen, sollten nachdenklich werden, wenn hier ein Gesetzesvorschlag kommt, der diese Reaktion in den Medien hervorruft. Diese Reaktionen sind eindeutig.

Herr Staatssekretär Morak! "König Ottokars Glück und Ende" – es war phantastisch gespielt. Ich weiß nicht, wie Sie in "Schüssels Glück und Ende" noch sein werden, aber ich fürchte, Sie werden diese Rolle hier noch öfters übernehmen müssen, weil der Herr Bundeskanzler es vorzieht, zu schweigen, nicht selbst herzukommen und Position zu beziehen. Wie das von den so genannten liberalen ÖVP-Wählern aufgenommen wird, müssen Sie sich mit diesen Wählern dann wirklich selbst ausmachen. Ich behaupte, Sie haben schon mehrfach die Quittung dafür bekommen, dass Sie dieser Politik des Herrn Böhmdorfer und der Freiheitlichen diese Unterstützung gewähren, und Sie werden sie auch weiterhin bekommen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Die Ansage Haiders 1993 war ja eindeutig: Wenn er einmal "etwas zu reden habe", dann werde er schon dafür sorgen, dass in den Redaktionen "in Zukunft weniger gelogen werde".

Oder im Oktober 2000: "Die Spitzelaffäre sei ,in den kranken Gehirnen einiger Journalisten‘ entstanden." Es wurde sozusagen mit medizinischen Kriterien versucht, an die Medienfreiheit heranzugehen. (Abg. Mag. Schweitzer: Was ist übrig geblieben mit dem Pilz seiner Anschütterei?) Mit Ihnen möchte ich mich schon gar nicht unterhalten; dass Sie so sind, wie Sie sind, wissen wir mittlerweile. Die ÖVP interessiert mich. (Beifall bei der SPÖ.)

Christian Rainer schreibt im "profil": "Die Reaktion der ÖVP aber ist einmal mehr niederschmetternd. So hätte der Verfassungsjurist Andreas Khol die Brisanz dieses Angriffs auf die Medien und damit auf verfassungsrechtliche Grundwerte erkennen müssen. Statt dessen spricht er feig oder zynisch von einer ,unglückseligen Diskussion‘. Kanzler Wolfgang Schüssel findet die geplante Novelle sogar ,ganz in Ordnung‘."


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