Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 69. Sitzung / Seite 138

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Das heißt, Michalek hat als der Justizminister Klimas im Jahr 1998 einen wortidentischen Text auf den Tisch des Hauses gelegt, der nur deshalb nicht mehr zur Endbehandlung gekommen ist, weil es 1999 Nationalratswahlen gegeben hat. Er ist gewissermaßen schon in den Wahlkampf hineingekommen.

Überhaupt nichts Neues ist dieser Text, der jetzt zu einem großen, rot-grünen Luftballon aufgeblasen wird, vor dem sich alle fürchten sollen – wobei schon angekündigt wird: Wir fahren wieder ins Ausland, und dem Ausland werden wir sagen, was alles in Österreich nicht richtig läuft! Wir schreiben einen Brief an die "Weisen", wir wenden uns an die "Weisen" und beschweren uns darüber, was in Österreich los ist!

Damals schon hat es diese Vorlage gegeben! Aber ich habe damals eigentlich jede Aufregung darüber vermisst. Ich kann mich an einen Sturm der Entrüstung, den man damals vielleicht hätte vernehmen können, gar nicht erinnern. Warum? – Aus folgendem Grund: Damals war Klima Kanzler, und damals war Wittmann sein Staatssekretär, und damals war der honorige Notar Michalek sein Justizminister!

Niemand hat sich aufgeregt; und niemand verrät auch heute, dass die wahre Kernbestimmung der § 301 StGB ist.

§ 301 des Strafgesetzbuches stammt auch nicht aus der Ära Böhmdorfer, er weist die jüngste Novelle aus dem Jahr 1997 auf, er stammt also auch aus einer Zeit, in welcher es Klima, Wittmann und Michalek in der Regierung gegeben hat. Damals hat diese Bestimmung unter dem Eindruck, dass ununterbrochen vertrauliche Bestandteile von Gerichtsakten im Faksimile in manchen Zeitungen, die von solchen Dingen leben, zu sehen gewesen sind, dazu geführt, dass man sich dazu aufgerafft hat, dagegen etwas zu unternehmen.

Ich sage: Aus gutem Grund tat man dies, denn es ist nicht nur darum gegangen, dass aus Gerichtsakten Dinge, die Private betreffen – Private, an denen die Öffentlichkeit kein Interesse haben darf, wenn es um Probleme geht, die ihr Privatleben betreffen –, in den Zeitungen nicht erscheinen sollten, sondern auch um kriminaltaktische Überlegungen, denn es ist auch nicht günstig, wenn jemand, der als fünfter Beschuldigter einvernommen wird oder der der sechste Zeuge ist, in der Zeitung das nachlesen kann, was alle unmittelbar vor ihm gesagt haben, weil das Protokoll im Faksimile in der Zeitung schon abgedruckt ist.

Dieser § 301 StGB hat sich in Wirklichkeit gegen die Gerichtsmitarbeiter gerichtet. Ich weiß das aus eigener Wahrnehmung. Man hat im Ministerium immer gesagt: Wer trägt das schon wieder hinaus? Wer aus dem Justizbereich kann das schon wieder gewesen sein? Welcher Mitarbeiter akademischen oder nicht akademischen Zuschnitts war der Informationsträger?

Man hat niemals die Lücken schließen können, denn immer haben die Betroffenen gesagt: Das war wahrscheinlich der Beschuldigte! Es hat geheißen: Der Beschuldigte hat eine Aktenablichtung, der Beschuldigte hat einen Verteidiger, wenn das hinausgegangen ist, muss das nicht ein Justizler gewesen sein, das wird wahrscheinlich der Beschuldigte oder jemand aus seiner Umgebung gewesen sein!

Der Paragraph, über den jetzt diskutiert wird, schließt nicht eine Lücke bei den Journalisten, sondern er schließt die Lücke bei jenen Personen, die Vertraulichkeiten verletzten können, denn er sagt nicht mehr und nicht weniger, als dass der Beschuldigte zwar die Aktenablichtung bekommt – jeder von euch kann das nachlesen, wenn er sich der Mühe unterzieht –, dass er sie natürlich auch seinem Verteidiger geben darf, dass er sie aber dann nicht weitergeben und der Veröffentlichung preisgeben darf, wenn damit schutzwürdige Interessen Dritter verletzt werden würden.

Das heißt, das richtet sich nicht gegen die Journalisten. Es ist der § 301 StGB der Kernparagraph. Man hat seinerzeit angenommen, die Justizleute verletzen die Vertraulichkeit. Die haben sich immer auf die Beschuldigten ausgeredet, und jetzt hat man auch die Beschuldigten in die Pflicht genommen.


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