Herr Kollege Cap! Sie verhalten sich in Ihrer Sicht bezüglich der Schutzinteressen dem Rechtsstaat gegenüber einseitig. Der Rechtsstaat besteht nicht nur und ausschließlich aus der Medienfreiheit, sondern es sind auch andere Rechtsgüter im Rechtsstaat zu berücksichtigen.
Für uns ist natürlich die Pressefreiheit ein unverzichtbarer Bestandteil unserer Demokratie, und dass Medien- und Meinungsfreiheit auch als Kontrollinstrumente verfassungsrechtlich geschützt sind, ist eine Selbstverständlichkeit. Aber rechtsstaatliche Grundprinzipien, wie ein faires, unabhängiges Verfahren, frei von Vorverurteilung, frei von medialer Einflussnahme – im Übrigen ein Menschenrecht, Herr Kollege Pilz, aber das ist Ihnen fremd –, oder der Datenschutz von gesetzlich geschützten Daten Dritter, wie beispielsweise Arztgeheimnis, anwaltliche Schweigepflicht, Amtsgeheimnis, Persönlichkeitsschutz, sind in den Stellungnahmen und Wortspenden der Opposition überhaupt nicht vorgekommen.
Ich sage Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren: Wir von der ÖVP stehen auf dem Standpunkt, dass diese Rechtsgüter nicht auf dem Altar der Skandalberichterstattung geopfert werden dürfen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Wo bleibt bei Ihnen die Rechtsstaatlichkeit, Herr Kollege Cap und Herr Kollege Pilz, wenn in Ihren Stellungnahmen kein Wort von Datenschutz die Rede war, wenn Ihnen ein faires, unabhängiges Verfahren keine Silbe wert war, wenn Sie den Unterschied zwischen Medienjustiz und rechtsstaatlicher Justiz mit keinem Wort erwähnt haben?
Herr Kollege Pilz! Rechtsstaatliche Grundsätze sind Ihnen eben fremd, Datenschutz ist Ihnen bloß als Skandal bei den Anderen willkommen, selbst halten Sie sich aber nicht daran, was unzählige Pressekonferenzen beweisen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Der neue § 56 ist als Opferschutzbestimmung normiert worden – die Präsidentin der Richtervereinigung hat das auch sofort erkannt und in ihrer Stellungnahme auch erwähnt –, und als solche hat sie natürlich Berechtigung. Sie stammt im Übrigen – das hat Kollege Ofner schon ausgeführt – aus der Ära Michalek, und das Begutachtungsverfahren wird unter Umständen Verbesserungsvorschläge bringen, insbesondere bezüglich der notwendigen Anpassung des § 301 StGB.
Der bereits in Geltung stehende § 301 StGB stammt im Übrigen aus der Broda-Zeit. Das möchte ich hier auch einmal erwähnt haben. Herr Kollege Van der Bellen – er ist jetzt nicht mehr anwesend –, verfassungswidrig ist dieser Paragraph nicht, er entspricht auch der Europäischen Menschenrechtskonvention. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Bei dieser Anpassung werden wir ähnlich, aber mit geringeren Strafsanktionen vorgehen wie 1997, als wir den Schutz der Daten aus Protokollen der elektronischen Ermittlung, der Telefonüberwachung und der Rasterfahndung in den § 301 StGB aufgenommen haben. (Abg. Öllinger: Den haben ja Sie eingeführt!) Herr Kollege Öllinger und Herr Kollege Pilz! Sie fordern in Ihrem Antrag eine Abschaffung des § 301 StGB zur Realisierung der absoluten Pressefreiheit. Wollen Sie vielleicht gerade diese Daten aus der Telefonüberwachung, aus der Rasterfahndung öffentlich machen und in der Medienöffentlichkeit haben? (Abg. Öllinger: Wir wollen die Rasterfahndung nicht!) Diesem Dringlichen Antrag werden wir mit Sicherheit keine Zustimmung erteilen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Öllinger: Schaffen Sie die Rasterfahndung ab!)
Um Medienjustiz und medialen Druck auf ein Strafverfahren, Beeinflussung von Zeugen, Schöffen und Richtern, präjudizielle Vorverurteilung und Verlautbarungen zu verhindern, hat beispielsweise das deutsche Strafgesetz den § 353d, der wahrlich identisch mit unserer Bestimmung ist, außer dass die Strafdrohung dort eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe – und damit doppelt so streng wie bei uns – ist. Das deutsche Strafgesetzbuch schützt außerdem die Verletzung von Privat- und Amtsgeheimnissen mit Strafdrohungen von bis zu einem Jahr. (Zwischenruf des Abg. Schwarzenberger. ) Daher ist die geplante Regelung, die Sie hier so massiv kritisieren, in keiner Weise ein verfassungsrechtliches Unding, sondern international sehr wohl vergleichbar. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)