Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 69. Sitzung / Seite 150

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einem, wie ich meine, sehr wichtigen und sensiblen Thema in einer ungeheuerlich polemischen Weise um. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Das, was die Damen und Herren von der Opposition immer unserem Koalitionspartner vorgeworfen haben, nämlich schwierige Sachverhalte zu vereinfachen, Halbwahrheiten zu verbreiten, Panikmache zu betreiben, bringen Sie, sehr geehrte Damen und Herren von der Opposition, mit der heute geführten Diskussion zu einer bisher noch nie da gewesenen Blüte. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Die Presseaussendungen der Grünen sind unglaublich überzogen. Ich lese von "Moskauer Verhältnissen", von "DDR-Methoden", und es wird festgestellt, der Entwurf könnte "von Putin stammen".

Aber auch die Sozialdemokraten stehen dem um nichts nach: Die Kärntner SPÖ spricht von einem "faschistoiden Einschüchterungs-Vorstoß", und Herr Abgeordneter Cap meint, der Entwurf würde "in die Zeit der Inquisition" zurückführen. – Das ist Panikmache, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Das Thema ist viel zu sensibel und heikel, um in derart unqualifizierter Art und Weise – meiner Meinung nach – drüberzufahren. Worum geht es wirklich? – Es geht um den § 56 der Strafpro-zessordnung. Ich glaube, Sie können ihn nicht gelesen haben, oder Sie sagen vielleicht bewusst etwas Falsches. Daher möchte ich es Ihnen nicht ersparen, dass ich diesen vorlese. § 56 des Entwurfes lautet:

"Der Beschuldigte ist berechtigt, dem Amtsgeheimnis unterliegende Informationen, die er im Verfahren unmittelbar oder durch Akteneinsicht erlangt hat, zum Zweck seiner Verteidigung und zur Verfolgung anderer überwiegender Interessen zu verwerten. Es ist ihm jedoch untersagt, solche Geheimnisse in einem Medienwerk oder auf sonst eine Weise zu veröffentlichen, dass die Mitteilung einer breiten Öffentlichkeit zugänglich wird, wenn dadurch schutzwürdige Interessen Dritter verletzt würden."

Damit ist eigentlich vollkommen klar, dass dieser Entwurf eine Güterabwägung vorzunehmen hat. Es gilt, auf der einen Seite die Freiheit der Meinungsäußerung, Pressefreiheit oder Informationsfreiheit, die im Artikel 10 Abs. 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention geschützt ist, abzuwägen gegen die Einschränkungen, die taxativ im Absatz 2 der Menschenrechtskonvention vorgesehen sind. Dort ist der Schutz des guten Rufes oder der Rechte anderer ausdrücklich angeführt.

Diese Diskussion über die Abwägung der Rechtsgüter Persönlichkeitsschutz und Medienfreiheit ist nichts Neues. 1996 gab es im Parlament ein Symposium über den Persönlichkeitsschutz in den Medien, und damals wurde von allen Fraktionen die Mediengesetznovelle gegen die Journalisten und Herausgeber verteidigt. Damals wurde auch in keiner Weise der Wegfall des § 301 StGB verlangt, der die verbotene Veröffentlichung regelt und in dem die jetzt so massiv angegriffene Freiheitsstrafe geregelt ist.

Beim § 56 geht es nicht um die Beschränkung von Journalisten. Diese Bestimmung zielt – ich habe es Ihnen vorgelesen – darauf ab, Personen, die ein schutzwürdiges Interesse haben, vor der Veröffentlichung bestimmter Daten zu schützen. Diese Abwägung wird im Einzelfall von den Gerichten vorgenommen, und wer derartige Schutzbestimmungen ablehnt, zweifelt entweder an der Fähigkeit der Gerichte, solche Entscheidungen in entsprechender Art und Weise zu treffen, oder – und das ist bedenklich – er verneint generell ein Schutzbedürfnis des Einzelnen.

Der Schutz der Unschuldsvermutung des Einzelnen ist auch eine Grundsäule der Demokratie. Wenn jetzt im Rahmen eines Gesetzentwurfes über Güterabwägung diskutiert wird, so muss dies mit der gebotenen Sachlichkeit und Ernsthaftigkeit geschehen.

Da heute so viel aus Medien zitiert wurde, möchte ich Ihnen etwas sehr Interessantes vorlesen, das Hubert Feichtlbauer in der "Furche" dazu geschrieben hat:


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