Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 69. Sitzung / Seite 179

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Wenn wir heute über die verschuldensunabhängige Haftung reden: Wer in dem Land kann daran interessiert sein, dass jemand zehn Jahre und länger klagt, bis ihm dann vom Gericht gesagt wird: Wir können nicht mit hundertprozentiger Sicherheit beweisen, dass der Fehler eingetreten ist, sie müssen daher den Schaden selber zahlen, Herr Patient!? Deshalb müssen wir uns da irgendetwas überlegen. Präsident Neumann, der Ärztekammerpräsident, der vor zwei Jahren verstorben ist, hat 1985 als ersten Schritt diese Schiedsstellen eingeführt. Das war im europäischen Vergleich schon eine tolle Sache.

Der nächste Punkt war, dass wir 1989 mit Ettl gemeinsam – mit Minister Ettl, entschuldigen Sie den Lapsus! – beschlossen haben, das in die Regierungserklärung aufzunehmen. Aber ich sage Ihnen ehrlich, es war immer schwierig, Geld vom Finanzminister oder von irgendjemandem zu kriegen. Es war einfach nicht möglich. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Und darum war ich froh, dass die Stadt Wien nach gemeinsamem Beschluss vor drei Jahren einen Härtefonds von 7 Millionen Schilling geschaffen hat. (Abg. Huber: Belastet wird nur einseitig!)

Da möchte ich jetzt Frau Abgeordnete Huber ansprechen, die mit mir im Ausschuss einen kleinen Disput hatte. Ich sage Ihnen: Die jetzige Lösung – und das möchte ich Ihnen noch einmal mit Nachdruck sagen – heißt: 10 S pro Patient und Tag, und das bringt für Wien allein die sechsfache Summe. Rieder hat in einer seiner letzten Pressekonferenzen gesagt, dass der Härtefondsverwalter, Patientenanwalt Pickl, die 7 Millionen Schilling gar nicht ausgeschüttet hat. Und wir waren so weit, dass dieses System sich langsam entwickeln müsste.

Wenn man allerdings wie die Grünen davon ausgeht, dass eine verschuldensunabhängige Haftungsregelung die einzige Lösung ist, würde das bedeuten, dass wir 600 bis 800 Millionen Schilling – etwa in der Größenordnung – aufstellen müssten. Und das in einem Klima, in dem gesagt wird, dass man jeden Schilling für das Gesundheitswesen irgendwo finden müsse, bei dem Defizitgerede soll man diesen Betrag aufstellen? Fast unmöglich! Ich erinnere mich an den Wirbel rund um die Ambulanzgebühr. Da geht es um 1 Milliarde Schilling. Bitte, da soll jemand rauskommen und sagen, woher das Geld kommen soll! Das wäre dann seriös. Es heißt dann immer, das kommt von den Ärzten oder Spitälern. Bitte, woher sollen es aber die Spitäler nehmen?! Die wälzen es doch nach Adam Riese letztendlich auf die Prämien und auf die Kosten über. Deshalb ist es meiner Meinung nach scheinheilig, wenn man etwas fordert, aber nicht gleichzeitig sagt, woher das Geld dafür kommen soll. Ich schaue immer den Exfinanzminister an, und der hat es auch immer so gehalten. Er hat gesagt: Ich kann nur das ausgeben, was ich habe. (Zwischenruf des Abg. Edlinger. )

Um auch eine Art versöhnlichen Schluss zu machen: Letztendlich kann es nicht unser Ziel sein, dass wir nur Kranke und Geschädigte haben. Das Entscheidende muss sein, dass das Gesundheitswesen so gut ist, dass möglichst wenig Fehler auftreten. Und nun sage ich Ihnen: Es wurden schon unter der SPÖ in den letzten Jahren Maßnahmen gesetzt: die Facharztprüfung. Die Diplomfortbildung wurde von der Ärztekammer massiv forciert, in der aktuellen Ärztegesetznovelle wird die Verpflichtung, die schon immer bestanden hat, verschärft, dass Ärzte nachweisen müssen, dass sie sich fortbilden. Entscheidend ist, dass jeder Österreicher das Gefühl hat, gute Ärzte vor sich zu haben. Wir liegen international gut; natürlich können wir noch besser werden. Auch die Medizinerreform, lieber Abgeordneter Grünewald, ist hoffentlich ein Schritt in Richtung besseres System.

Jeder von uns kann morgen krank werden, todkrank werden, und jeder von uns möchte auf keinen Fall Opfer eines Fehlers werden. Und ich sage Ihnen, es sind drei Faktoren, die Fehler provozieren oder verursachen: Erstens: mangelndes Können, also mangelnde Ausbildung, zweitens: mangelnde Erfahrung, und drittens: mangelnde Zeit. Und an allen drei Faktoren müssen wir arbeiten, und diese Arbeit können wir nur im Konsens machen. Eine Härtefalllösung oder eine verschuldensunabhängige Haftungslösung kann doch immer nur die Krücke sein, wenn die Katastrophe bereits eingetreten ist. Und in diesem Sinn werden wir weiterarbeiten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

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