Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 70. Sitzung / Seite 35

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Es gibt auch Angebote, die Sie in diesem Zusammenhang unterbreitet haben und die für gewisse Irritationen sorgen – das ist also keine Provokation, sondern das sorgt für Irritationen. Sie haben von der Frage der "strategischen Partnerschaft" zwischen Österreich und den EU-Kandidaten gesprochen. Aber bis zum heutigen Tag weiß niemand in den Kandidatenstaaten, was denn diese "strategische Partnerschaft" überhaupt bedeuten soll – ganz im Gegenteil: Da und dort wurden Befürchtungen geäußert, dass das ein Konzept aus der Vergangenheit sein soll.

Selbst Ihr Parteifreund, der tschechische Parlamentspräsident Václav Klaus, hat heute in einem "Presse"-Interview zu diesem Thema gesagt – ich zitiere –:

"Das geht leider nicht. Wenn mitteleuropäische Politiker wirklich seriös nach der Bedeutung des Wortes Mitteleuropa suchen wollen, bin ich als ein Professor bereit, an dieser Debatte teilzunehmen, aber als ein politisches Konzept verstehe ich das überhaupt nicht. Ich weiß, was ich sage: Das hat keine Zukunft und keine Bedeutung." – Zitatende.

Herr Bundeskanzler! Wenn nicht einmal ein Nachbar, ein Parteifreund von Ihnen weiß, was die "strategische Partnerschaft" positiv für Europa bedeuten soll (Ruf bei der ÖVP: Da geht es um Temelin!), dann haben Sie mit diesem Vorschlag offensichtlich keinen Beitrag zur Lösung von Problemen geleistet, sondern – ganz im Gegenteil! – zur Verwirrung unserer Partner. Das ist kein guter Beitrag! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Schwarzenberger: Václav Klaus ist ein Temelin-Befürworter!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist aber die Erweiterung nicht nur mit unseren Partnerstaaten, sondern auch in Österreich vorzubereiten. Wenn man möchte, dass die Erweiterung zum wirtschaftlichen und sozialen Vorteil für Österreich wird, dann müssen in Österreich Vorkehrungen getroffen werden. Eine der wichtigsten Vorkehrungen muss darin bestehen, dass die Infrastruktur in Bezug auf unsere neuen Mitgliedstaaten ausgebaut wird, dass vor allem der Nordosten, der Osten und der Südosten Österreichs mit der geeigneten Straßen- und Schieneninfrastruktur versorgt wird, damit die wirtschaftliche Entwicklung in diesem Raum grenzübergreifend stattfinden kann. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Schweitzer: Was haben denn Ihre Verkehrsminister bis jetzt getan?)

Herr Schweitzer, Sie brauchen nicht zu brüllen, ich bin gerne bereit, Ihnen zuzugestehen, dass die infrastrukturellen Versäumnisse im Nordosten, im Osten und im Südosten Österreichs (Abg. Mag. Schweitzer: Wer verantwortet das?) keine alleinige Verantwortung der derzeitigen Bundesregierung sind. (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen. – Abg. Ing. Westenthaler: Schwere Kritik an Einem! – Ruf bei der SPÖ: Zuhören!) Ich bin auch bereit, zuzugestehen, dass es in Österreich über Jahrzehnte eine strategische Entscheidung war, in diesem Raum weniger zu machen (Abg. Ing. Westenthaler: Jetzt weiß ich, warum der Einem nicht Klubobmann geworden ist!), denn es haben sich, solange es den Eisernen Vorhang gegeben hat, schlicht und einfach die Notwendigkeiten nicht gestellt. (Abg. Mag. Schweitzer: Mehr als zehn Jahre!) Aber jetzt, wenn wir die Erweiterung anstreben, wenn wir wollen, dass die Erweiterung funktioniert, muss der Infrastrukturausbau angegangen werden. Davor können Sie sich nicht drücken! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Ordnung auf dem Arbeitsmarkt. Ich habe positiv zur Kenntnis genommen, dass es eine gute Diskussion über die Entwicklung von Übergangsfristen betreffend die Personenfreizügigkeit und die Dienstleistungsfreiheit gibt, aber, Herr Bundeskanzler, es ist zu wenig, Übergangsfristen zu vereinbaren. Es geht darum, was in dieser Zeit gemacht wird! Meinem Verständnis nach besteht die Hauptauseinandersetzung, der Hauptwettbewerb nicht zwischen inländischen und ausländischen Arbeitskräften, sondern zwischen legaler und illegaler Beschäftigung. Daher ist es eine Hauptherausforderung, dass wir bereits vor der Erweiterung Ordnung auf den österreichischen Arbeitsmärkten schaffen (Abg. Edler: So schaut es aus!) und die illegale Beschäftigung bekämpfen. Das ist die bestehende Notwendigkeit! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Aber nicht mit mehr Zuwanderung!)


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