Das scheint mir eine Strategie zu sein, die ich bei dieser Regierung und gerade beim Herrn Bundeskanzler schon des Öfteren gemerkt habe: Es geht um Marketing! Dort, wo man etwas gewinnen kann, kommt er und vertritt das. Heute ist also wieder Marketingtag, denn heute geht es nicht um so "belanglose Dinge" wie die Meinungsfreiheit, heute geht es um Nizza, was zweifellos ein wichtiges Thema ist. Heute ist der Bundeskanzler da, worüber ich mich sehr freue, denn es gibt auch heute Dinge, die wir am Herrn Bundeskanzler zu kritisieren haben. Und dazu komme ich jetzt.
Was ist denn überhaupt in Nizza geschehen? Beziehungsweise: Was war denn das große Ziel, das damals vor Augen stand, ein Ziel, das gerade auch für uns Grüne sehr wichtig war? – Das waren drei Punkte.
Erstens galt es, die Fähigkeit zu stärken, dass diese EU demokratisch legitimiert wird im Sinne einer stärkeren Einhaltung von Grundrechten, Demokratisierung der europäischen Institutionen, und es ging darum, ein Kräftegleichgewicht und die Entscheidungsfähigkeit herzustellen. (Abg. Dr. Spindelegger: Das war in Amsterdam! Sie verwechseln Nizza und Amsterdam!) – Das war nicht nur Amsterdam, das war auch in Nizza auf der Tagesordnung.
Zweitens ging es darum, die Fähigkeit für ein friedliches, soziales, nachhaltiges, ökologisches Europa zu fördern.
Das Dritte – die Reihenfolge ist nicht eine, die eine Gewichtung meinerseits bedeutet –, worum es ging, war die Fähigkeit, diese Europäische Union auf die Osterweiterung vorzubereiten. (Abg. Dr. Spindelegger: Nummer drei ist richtig, eins und zwei ist falsch!)
Was ist wirklich passiert? – In Nizza haben die Regierungen versucht, Verfassungsgeber zu sein. Wir wissen, dass das gescheitert ist. Der Rat wollte Verfassungsgeber sein, und das ist kläglich gescheitert, meine Damen und Herren!
Das Ergebnis, das wir jetzt haben, ist ein Vertrag, der aber noch nicht einmal vorliegt. Heute sprechen wir ja nur über das Rahmengesetz – damit wir später dann dieses Gesetz auch in Österreich einführen können. In Nizza hätte man sich vielmehr über die Verfassung der Europäischen Union unterhalten sollen. Es bestand der Anspruch, dass die Regierungen Verfassungsgeber sind. Dieser Anspruch ist, wie schon gesagt, gescheitert. Die Regierungen sind keine Verfassungsgeber, meine Damen und Herren! Das Versprechen in Nizza war: Bis 2004 gehen wir es an, bringen wir so etwas in Gang.
Ich bin sehr froh, dass der Herr Bundeskanzler – der immer noch mit Kollegen Verzetnitsch spricht und mir nicht zuhört – heute zumindest einmal öffentlich einen Schritt gesetzt und nicht nur, wie es in der Vergangenheit der Fall war, reagiert und keine eigenen Vorstellungen gehabt hat. Er hat heute gesagt: In der ersten Phase können wir uns schon einen Konvent vorstellen – aber nur in der ersten Phase.
Herr Bundeskanzler, ich frage Sie ganz konkret: Ist es für Sie zum Beispiel auch vorstellbar, dass dieser Konvent, wie er sich rund um die Grundrechtsdebatte sehr wohl bewährt hat, nicht nur für eine erste Phase gilt, sondern auch für weitere?
Und wie halten Sie es mit der Aufforderung des Europaparlaments, das in seinem Verfassungskomitee gesagt hat, dass dieser Verfassungsprozess jetzt wirklich angegangen werden muss und dass dieser Konvent stattfinden muss? – Sie haben von einer ersten Phase gesprochen, Sie haben aber nicht genau gesagt, wie lange diese dauern soll oder wer da noch dabei sein soll.
Die Frage ist auch – ein Punkt der für uns ganz wichtig ist –: Was halten Sie davon, Nichtregierungsorganisationen und die Zivilgesellschaft hier mit einzubeziehen? Ist das für Sie auch ein wichtiges Anliegen? Für uns wäre das eines. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Schieder. )