Und ein Drittes: Sie haben zwar gesagt, wie wichtig die Erweiterung auch für Sie ist – das höre ich ja immer wieder, ich glaube es nur nicht wirklich, aber zu diesem Punkt komme ich später –, aber in Ihrem Vorschlag jetzt war kein Wort davon zu hören, dass Sie in diesen Konvent auch Vertreter und Vertreterinnen der Beitrittsländer einbeziehen wollen. (Beifall bei den Grünen.) Und das wäre doch die Aufgabe, wenn es darum geht, dass dieses Europa zusammenwachsen soll. Davon ist von Ihnen nichts zu hören gewesen.
Sie, Herr Bundeskanzler, haben heute zu Beginn Ihres Debattenbeitrages auch gesagt, wie stolz Sie darauf sind, dass auch das Parlament in diesen Prozess so gut eingebunden ist. – Herr Bundeskanzler, wir Grünen bringen heute eine Anfrage ein, in der wir ein skandalöses Versäumnis aufzeigen, ein Versäumnis, das beweist, dass Ihre Aussage, wie toll das Parlament eingebunden sei, eben nicht stimmt.
Ganz konkret: Im Jänner dieses Jahres kam der Bericht des französischen Vorsitzes über die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik heraus. Nach Artikel 23e des Bundes-Verfassungsgesetzes hat "das zuständige Mitglied der Bundesregierung ... den Nationalrat ... unverzüglich über alle Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union zu unterrichten und ... Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben". – Dieser Bericht des französischen Vorsitzes über die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik – das ist gemäß Vertrag von Nizza auch ein Teil des Vertrages – ist dem Parlament bis heute nicht zugegangen!
Herr Bundeskanzler! Ist das Ihre Vorstellung der Einbindung des Parlaments? (Beifall bei den Grünen.) Das ist von unserer Seite her aufzuzeigen. Wir sagen: So stellen wir uns die Einbindung dieses Hohen Hauses nicht vor. Hier fehlt es an Einbindung.
Herr Bundeskanzler! Wie sieht es mit der Erweiterung aus? Ich stimme zu – das ist der Punkt, der auch von unserer Seite betont wird –, dass dieser Nizza-Vertrag die Grundlage für die Erweiterung bildet, dass es jetzt wirklich kein Zurück mehr gibt. Der "point of no return" ist erreicht, aber es fehlt doch noch einiges.
Sie haben auch in Ihrem Redebeitrag der Erweiterung nur einen minimalen Teil gewidmet. Sie haben gesagt, wie wichtig es war, die Übergangsfristen durchzusetzen, die jetzt eben sieben Jahre sein sollen. Andere meinen, sie sollten fünf Jahre betragen, aber Österreich und Deutschland bestehen auf sieben Jahren. Sie waren auch stolz darauf, dass sogar das schon Ausverhandelte bezüglich der Dienstleistungsvereinbarungen jetzt wieder aufgemacht wird, also das, was die Frau Außenministerin am vergangenen Wochenende in Nyköping eingefordert hat.
Damit, Herr Bundeskanzler, setzen Sie doch genau die gegenteiligen Zeichen von dem, was Sie und auch Ihre Außenministerin immer betonen, nämlich dass die ÖVP, dass diese Regierung so für die Erweiterung eintritt. Hier machen Sie genau das Gegenteil!
Wir können heute in den Zeitungen lesen, was gestern Herr Václav Klaus aus der Tschechischen Republik gesagt hat. Lassen Sie mich aber auch ein sehr gutes, in Sprache gegossenes Beispiel, ein Wort der ungarische Botschafterin im Zusammenhang mit dem Vorschlag der Außenministerin in Nyköping, dass es ein Veto geben soll – so stand es im "Kurier" vom letzten Montag –, wenn die Übergangsfrist zu kurz ist, bringen. Ein Veto der österreichischen Bundesregierung – Herr Bundeskanzler, ist es das, was Sie sich unter einer positiven Erweiterungspolitik vorstellen? (Beifall bei den Grünen.)
Was es sein sollte, ist nicht – um zur ungarischen Botschafterin zurückzukehren, wie sie in einem Interview zitiert wurde – eine Politik des "Stop and go", nämlich zuerst sieben Jahre Stopp, und dann fangen wir schön langsam an, sondern richtig wäre genau das Umgekehrte, nämlich zu sagen: Go! – und Stopp nur, wenn es notwendig ist; eine Politik, die den Beitrittsländern und den Menschen in den Beitrittsländern kundtut: Ja, ihr sollt Mitglied in dieser Europäischen Union werden, und zwar nicht nur der Staat, nicht nur die Firmen, die das können, sondern auch die einzelnen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen. Auch für sie sollen die europäischen Grundrechte gelten.