Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 70. Sitzung / Seite 47

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Herr Bundeskanzler! Eine solche Politik verfolgen Sie nicht. Was Sie hier tun, ist genau das Gegenteil, Sie geben nämlich wieder einmal – und das ist leider nicht das erste Mal in Ihrer Regierungszeit – dem nach, was Ihnen die Freiheitlichen vorgeben. Da stehen ganz klar (Zwischenbemerkung von Bundeskanzler Dr. Schüssel )  – haben Sie Herrn Kollegen Schweitzer zugehört? – die nationalen Interessen Österreichs im Vordergrund. Das haben Sie ja auch gesagt. Es steht nicht die europäische Idee im Vordergrund, es steht nicht im Vordergrund, wie das Zusammenwachsen mit den Nachbarstaaten aussehen soll. Nein! Sieben Jahre starre Übergangsfristen und kein Tag früher! (Abg. Dr. Spindelegger: Nein, das stimmt ja nicht! Sie wissen, dass das nicht stimmt!)

Herr Dr. Spindelegger! Sie sind der Frau Außenministerin, die das so vehement vertritt, näher als ich. Sie vertritt das, obwohl sie weiß – und das besagen alle wirtschaftlichen Studien –, dass diese Übergangsfristen nicht notwendig sein werden. Und das sagen auch die Menschen in den Beitrittsländern. Reden Sie mit den Botschaftern und den Botschafterinnen! Die wissen ganz genau, dass es diesen Ansturm der Personen nicht geben wird und dass noch dazu Österreich weitere Arbeitskräfte braucht. Gerade Ihnen, Herr Dr. Spindelegger, muss das doch bekannt sein. (Beifall bei den Grünen.)

Da hätte ich mir schon gewünscht, dass es vom Herrn Bundeskanzler Reden gegeben hätte, die dem Image der ÖVP als früherer – und ich sage jetzt bewusst: als früherer! – Europapartei gerecht worden wären!

Warum, Herr Bundeskanzler, haben Sie denn nicht gesagt – aber vielleicht sagen Sie es heute noch –, dass diese EU-Charta, die Sie ja so sehr befürworten, bestimmt, dass jeder EU-Bürger das Recht hat, in jedem EU-Mitgliedstaat zu arbeiten, und dass Sie dieses Recht bei einer Erweiterung der Europäischen Union auch den Menschen der Beitrittsländer zusichern wollen, und dass Sie bereit sind, mit den EU-Beitrittskandidaten über flexible Regelungen, bei welchen auch Interessen der Beitrittsländer berücksichtigt werden und nicht nur das nationale Interesse Österreichs in den Vordergrund gestellt wird, zu verhandeln?

Das ist natürlich auch wichtig, hier in Österreich muss diesbezüglich natürlich auch etwas geschehen, aber gerade von der ÖVP und von Ihnen, Herr Bundeskanzler, und auch von der Außenministerin habe ich mir dazu eine viel klarere pro-europäische Haltung erwartet!

Herr Bundeskanzler! Warum sagen Sie nicht in Anbetracht dieses Grundrechts in der Europäischen Union beziehungsweise auf Grund dieser Überlegungen, dass wir jetzt schon neue Kräfte auf dem Arbeitsmarkt brauchen, dass auch die in Österreich lebenden Migrantinnen und Migranten das Recht haben müssen, endlich auch legal unterzukommen, dass aber auch die Grenzen zu den Nachbarn offener sein müssen?

Warum sagen Sie nicht, dass wir den europäischen Partnern vorschlagen, bereits ab 2001 mit einer großzügigen Arbeitsmarktöffnung zu beginnen, und zwar dort, wo es notwendig ist, dort, wo es von beiden Seiten gewünscht ist? Das wäre ein Signal, mit dem Sie wirklich eine europäische Partei darstellen würden und nicht nur eine auf das Nationale reduzierte ÖVP, die der FPÖ hinterherläuft! (Beifall bei den Grünen.)

Warum fordern Sie nicht eine allmähliche Liberalisierung der Arbeitnehmerfreizügigkeit, sondern beharren auf den starren Quoten? Das ist keine europäische Haltung, Herr Bundeskanzler, sondern das ist das Gegenteil davon!

Auf einen Punkt möchte ich noch eingehen, und diesen hat Herr Kollege Schweitzer besonders betont. Er hat gesagt, wie stolz – und das haben auch Sie, Herr Bundeskanzler, gesagt – er darauf sei, dass es jetzt besagten Artikel 7 gibt. (Abg. Mag. Schweitzer: Zu Recht!)

Sie vergessen, dass auch wir sehr dafür waren. Das hat auch Herr Dr. Van der Bellen im letzten Jahr vorgeschlagen, nämlich dass wir genau so etwas innerhalb der EU verwirklichen. (Abg. Ing. Westenthaler: Van der Bellen interessiert Europa gar nicht!) Es ist gut, dass es das jetzt gibt. Ich weiß natürlich, dass er derzeit noch nicht in Kraft ist, aber dann wundert es mich schon, dass Ihre Generalsekretärin, Herr Bundeskanzler, Frau Rauch-Kallat, so ohne weiteres


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