Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 70. Sitzung / Seite 116

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Ich versuche es einmal mit Vernunft, und da gibt es einiges zu kritisieren. Gerade bei einer Universitätsreformdiskussion sollte ja Vernunft nicht verboten sein – vielleicht brauchen wir das Herz dann auch gar nicht lange zu strapazieren.

Die Ziele liegen ja alle offen auf dem Tisch. Die Ziele sind: Die Wirtschaft soll – das war ein Satz von Ihnen – mehr Grund haben, zu investieren. Da frage ich mich aber: Warum reformieren Sie dann nicht die Wirtschaft? Warum reformieren Sie die Universitäten? Wenn die Wirtschaft mehr Grund haben soll, in die Forschung zu investieren, dann reden Sie doch einmal mit denen und machen Sie ihnen klar, wie wichtig die Forschung für sie sein könnte! (Beifall bei den Grünen.)

Im Regierungsprogramm steht der wirklich sehr erleuchtende Satz, die Universitäten sollten konkurrenzfähiger sein und Weltspitze werden. Das hat auch Riess-Passer anlässlich der Ski-WM in St. Anton gesagt. Sie verwechselt wahrscheinlich die Universitäten mit einem Riesenslalom oder so etwas Ähnlichem. Ich würde nur gerne wissen, wie wir konkurrenzfähiger werden sollen und ob Ihre Programme dazu dienen, Weltspitze zu werden. (Abg. Dr. Martin Graf  – den Dringlichen Antrag in die Höhe haltend –: Mit diesem Antrag sicher nicht!)

Weiters heißt es: Der Staat zieht sich nicht aus der Verantwortung zurück. – Dazu muss ich nur hören, was unter Konzentration der Mitbestimmung verstanden wird. Ich möchte auch nicht ausführlicher zitieren, was der Rat für Forschung und Technologieentwicklung, der zu Ihrer Beratung und zur Beratung der Regierung installiert wurde, so alles von sich gibt. Es heißt da zum Beispiel, es dürften nur mehr 20 Prozent der Arbeitszeiten für eigene Forschung verwendet werden, außer man gehört dem Olymp der Ordinarien an. Alles andere erfolgt auf Weisung oder ist sozusagen auf Institutsprofilbildung zu reduzieren.

An dieser Stelle möchte ich jetzt die deutsche Wissenschaftsministerin Bulmahn zitieren, die Folgendes sagt: Wir müssen schauen, dass Leute ab 30 frei und kreativ und unabhängig forschen können! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.) Sie will sogar die Habilitation abschaffen, ein altgermanisches Weiheritual, dem Sie immer noch anhängen. – Man hört jetzt nicht zu! Gut!

Dann heißt es von Ihrer Seite, die Diskussion werde gefördert. – Es stimmt, ich habe es Ihnen auch abgenommen und will es Ihnen auch weiterhin – das sage ich jetzt einmal vorläufig – gerne glauben. Trotzdem: Die Veranstaltungen an den Universitäten haben nichts anderes als Charakteristikum als die Abhaltung einer Belehrung. Man bekommt dort keine Antwort, es heißt immer nur: Wir dürfen jetzt nichts sagen!

Herr Höllinger ist mein Zeuge! So war es Innsbruck: Man darf jetzt nichts sagen, man hört uns nur zu, wird das fest aufschreiben und dann weitergeben. Nur: Von Weitergabe merke ich nichts. Eine Reform zwischen Gleichgestellten, eine Reform an Universitäten, wo Intelligenz gefragt ist, sollte andere nicht nur hören, sondern auch deren Meinung, wenn sie vernünftig ist, einfließen lassen. Davon merke ich relativ wenig.

Dann heißt es, wirtschaftliche Betrachtungsweise würde von uns, von der Opposition, den Roten und den Grünen, und von allen Kritikern einfach diffamiert. – Ich spreche mich nicht gegen wirtschaftliche Betrachtungsweisen und gegen ein gutes Wirtschaften an der Universität aus, aber ich spreche mich dagegen aus, dass Universitäten nur mehr zu Ausbildungsstätten von Industriekonzernen werden. Aber in Ihren alten Leistungsverträgen steht so etwas drinnen: Diejenigen werden besser bepunktet, diejenigen bekommen mehr Geld, die möglichst viele in kurzer Zeit durchschleusen. Von Qualität ist keine Rede! Von den ehemaligen 12 Punkten in den Leistungsverträgen haben ganze drei etwas mit der Wissenschaft zu tun gehabt.

Außerdem muss ich schon sagen: Ich möchte, dass die Universität auch ein Ort der Auseinandersetzung ist. Da soll kritisiert werden können, da sollen Sträuße ausgefochten werden können, aber es muss selbstverständlich fair zugehen. (Beifall bei den Grünen.)

Wenn ich schaue, wen Sie als Kronzeugen und Kronzeuginnen für Ihre Reform hernehmen, dann wird mir – angst und bange nicht, so schreckhaft bin ich nicht – mulmig zumute und stößt es mir auf.


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