Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 70. Sitzung / Seite 135

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sehr wohl auch – zwar leider nicht detailliert ausgesprochen – um die Frage der Kurden in der Türkei, und dann ging es noch um die Menschenrechtssituation insgesamt.

Die Außenministerin hat in der Anfragebeantwortung ähnlich geantwortet, wie sie es laut den Pressemeldungen schon getan hatte. Sie hat gesagt, solche tief greifenden Veränderungen können nicht unter Zeitdruck vonstatten gehen, wenn sie dauerhaft sein sollen. Sie hat erwähnt, dass sie mit Außenminister Cem die Situation angesprochen hat und dass dieser auch seine Erwartung zum Ausdruck gebracht hat, dass es eine schrittweise Verbesserung geben wird. Sie hat ebenfalls gesagt, dass sie es wichtig findet, dass jetzt in der Türkei eine öffentliche Diskussion in Gang gekommen ist, dass aber die Form, wie das gehen soll, noch nicht genau bekannt ist und dass es eben Zeit braucht. Die Ministerin hat aber auch geschrieben: "Bei der Achtung der Menschenrechte gibt es keine Kompromisse."

Meine Damen und Herren! Das ist ein ziemlicher Widerspruch, denn wenn es keine Kompromisse gibt, dann kann man nicht sagen, man hofft, dass die Türkei jetzt etwas vorlegt, man bespricht das in eigenen Treffen hinter verschlossenen Türen, man darf die Türkei ja nicht unter Druck setzen, denn sonst geht vielleicht überhaupt nichts weiter.

Das ist eine Haltung, die wir in Bezug auf die Türkei von der Außenministerin leider auch im Menschenrechtsausschuss dieses Hauses schon wahrnehmen mussten, und zwar als es um die Frage ging, ob der Genozid an den Armeniern vor mittlerweile mehr als 80 Jahren, also noch lange, bevor es die Türkei in der jetzigen Form gab, als solcher anerkannt wird. Sie wissen, die Behandlung dieses Antrages wurde vertagt. Er liegt in den Schubladen, aber wir hoffen, dass er doch in nächster Zukunft wieder auf die Tagesordnung des Menschenrechtsausschusses gesetzt wird, natürlich vorausgesetzt, dass die Regierungsfraktionen das befürworten, doch einstweilen haben wir dafür noch kein Signal. Auch damals hat die Außenministerin gesagt, man müsse mit der Türkei hinter verschlossenen Türen verhandeln, in diplomatischen Gesprächen, man dürfe aber keinen öffentlichen Druck ausüben.

Ich frage Sie, Herr Bundesminister, da Sie anstelle der Frau Außenministerin hier sind, ob Sie denn wirklich meinen, dass das die richtige Art und Weise ist, ein Land, das Beitrittsland der EU werden will, unter Druck zu setzen?

Ich betone hier ganz klar, dass auch wir Grüne dafür waren, dass der Türkei dieser Beitrittsstatus in Aussicht gestellt wird, da es Gespräche, Verhandlungen und den Kontakt braucht, um Veränderungen zu bewirken, also das ist auch von unserer Seite ganz klar, aber wir fragen uns, ob diese Haltung, das nur im Hintergrund zu machen und damit dem Druck nachzugeben, den diese Regierung auf die Bevölkerung im Land ausübt, nämlich auf jene, die sie pauschal immer noch als Terroristen bezeichnet, vor allem auf Menschen kurdischer Abstammung, von denen sehr viele in den Gefängnissen sitzen und sich gegen die Haftbedingungen wehren, die richtige ist. Wir fragen uns, ob es die richtige Haltung ist, öffentlich ja nicht etwas dazu zu sagen, Zeit zu lassen, zu hoffen, zu warten, bis sich vielleicht einmal in den nächsten Monaten und Jahren etwas ändert. Für uns ist sie das nicht! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es sind nämlich nicht nur Häftlinge, die auf einen öffentlichen Druck, und zwar auch von Seiten der EU, große Hoffnung setzen, sondern es sind dies auch die Menschenrechtsorganisationen in der Türkei, auch diese erwarten sich, dass die EU da aktiv wird und die Regierung unter Druck setzt. Dazu kommt noch Folgendes: Die Häftlinge haben Angehörige, und zwar auch in Österreich, aber obwohl es monatelang Versuche von den Angehörigen-Gruppen, die in Österreich leben, gab, mit der Außenministerin in direkten Kontakt zu treten, hat sie dieses Ansuchen negiert, sie war nicht bereit, mit diesen Gruppen zu sprechen.

Ich denke, die Außenministerin Österreichs – eines Landes, das letzte Woche in die Menschenrechtskommission der UNO gewählt wurde und wozu die österreichischen Außenpolitiker gemeint haben, es sei eine große Chance für Österreich, in diesem hochrangigen Gremium der UNO zu arbeiten und seine Menschenrechtsposition klarzumachen –, also diese Außenministerin hat meiner Ansicht nach die Aufgabe, nicht nur für die Regierung der Türkei Stellung zu beziehen und mit der Regierung zu verhandeln, sondern sehr wohl auch für die Anliegen und für


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