Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 70. Sitzung / Seite 145

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Paragraphen bewährt? Wo gibt es noch Lücken, die eine existentielle Betroffenheit oder Bedrohung für einen Mandatar bedeuten könnten?

Meine Damen und Herren! Es gibt in diesem Zusammenhang eine Reihe von Fragen. Unbestritten mag sein, dass vielleicht eine Änderung in dem einen oder anderen Punkt, manche Ergänzung und Verbesserung notwendig sind; eines darf es aber auch in Zukunft nicht geben: den Versuch, mit zweierlei Maß zu messen. Es muss nach objektiven Kriterien vorgegangen werden, und es sind gleiche Bedingungen für jeden Mandatar zu ermöglichen.

Herr Präsident! Zum Abschluss habe ich an Sie ein dringendes Ersuchen, eine Bitte: Die Verfolgungshandlungen dürfen erst nach Beschluss des Parlaments erfolgen. Wir stellen immer wieder fest, dass von den Verfolgungsbehörden Verfolgungshandlungen gesetzt werden, ohne dass das mit dem Parlament abgesprochen wurde. Das darf nicht sein, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP, den Freiheitlichen und den Grünen.)

Herr Präsident! Ich bitte Sie daher, uns hier zu helfen, uns zu unterstützen und klarzustellen, dass dies eine Praxis ist, die von uns nicht geduldet werden kann. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.07

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Auer, weil Sie sich direkt an mich gewandt haben, möchte ich feststellen: Ich habe ja nicht einmal Kenntnis von solchen Schritten der Justiz. (Abg. Dr. Martin Graf: Jetzt schon!) Aber ich werde mich gerne mit dem Herrn Minister in Verbindung setzen. (Abg. Dr. Khol: Das war so gemeint!)

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. Sie hat das Wort.

18.07

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich gehe zunächst auf die allgemeine Frage der allfälligen Änderung des Immunitätsrechtes beziehungsweise der Immunitätspraxis dieses Hauses ein. Wir haben schon des Öfteren im Ausschuss und natürlich immer wieder anhand von konkreten Fällen gesagt: Ja, wir müssen darüber reden, ob diese Praxis und das Gesetz zeitgemäß sind oder ob es einen Verbesserungsbedarf gibt. Ich bin froh darüber, dass zumindest dieser Anlassfall jetzt dazu führt, dass diese allgemeine Debatte und möglicherweise auch Änderungen stattfinden werden.

Ich füge den von meinen Vorrednern erwähnten Notwendigkeiten des Überdenkens eines Schutzes im Zusammenhang mit Einschüchterungsversuchen zivilrechtlicher Natur noch einen weiteren Punkt hinzu. Ich glaube, dass es für einen potentiell Geschädigten oder eine Geschädigte – das heißt eine Privatperson, die durch Behauptungen einer öffentlich hervorgehobenen Persönlichkeit in ihrem Ansehen, in ihrem beruflichen Fortkommen oder in ihrer Kreditwürdigkeit beeinträchtigt ist – zu spät kommt, wenn sie nach etlichen Jahren vielleicht ein Gerichtsurteil erwirkt, das ihr Recht gibt. Das heißt, meiner Ansicht nach bedarf es auch eines besseren Schutzmechanismus für Menschen, die durch öffentliche Behauptungen von Prominenten in ihrem Fortkommen beeinträchtigt werden.

Jetzt aber zum konkreten Fall: Auch da habe ich mich im Ausschuss – und ich werde das jetzt hier im Plenum ebenfalls tun –, wie immer, gegen eine Auslieferung ausgesprochen, weil ich glaube, dass wir hier generell und losgelöst vom Einzelfall eine Praxis und eine entsprechende Rechtssituation zu etablieren haben, und weil ich auch glaube, dass die Immunität – gerade als Schutz vor wirtschaftlich potenten Lobbies – durchaus Bedeutung hat und haben wird. Wir sollen in diese Richtung agieren, und ich bin eigentlich nicht bereit, die heute bestehende, vielleicht da und dort unzulängliche Immunität preiszugeben, bevor wir zumindest die Konturen eine Neuregelung haben.

Zum konkreten Fall möchte ich noch Folgendes feststellen. Es geht hier um den § 301 Strafgesetzbuch, und es geht um die wirklich unerträgliche Situation, dass – wie wir im Ausschuss befunden haben – aus politischen Gründen ein Abgeordneter dieses Hauses darauf aufmerksam macht, dass nicht eine Privatperson, sondern ein politischer Mandatar – ein hochrangiger


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