Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 70. Sitzung / Seite 149

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Alle Bemühungen, die anwaltlichen Tarifsätze und die Gebührentarifsätze der Gerichte zu reduzieren, ändern nichts am Risiko des einzelnen Politikers, der außerhalb dieses Hauses bestimmte kreditschädigende Äußerungen macht, eben auch einer gerichtlichen Verfolgung unterzogen werden zu können. Eine derartige Verfolgung kann ohneweiters auch darin bestehen, dass er wegen Schadenersatz, auch in Millionenhöhe, in Anspruch genommen wird. – Das ist ständige Praxis, und das ist geltendes Recht.

Meiner Ansicht nach ist es daher völlig inhomogen, wenn man eine derartige Praxis zulässt, dass Politiker zivilrechtlich in Anspruch genommen werden – und ich meine auch: zu Recht, wenn sie jemanden seines Kredits berauben, jemandem massiven vermögensrechtlichen Nachteil zufügen –, während man sich als Mandatar, wenn man eine solche Äußerung außerhalb des Parlaments macht, unter dem Schutzmantel der Immunität befindet und strafrechtlich nicht zur Verantwortung gezogen werden kann. Worin besteht denn hier bitte der Unterschied, der das rechtfertigen würde?

Für uns alle, die wir in derselben Situation sind – auch wenn wir nicht alle zwei Tage im "Landtmann" den Skandal des Jahrzehntes verkünden wie Kollege Pilz –, müsste es wesentlich unangenehmer sein, zivilrechtlich in Anspruch genommen zu werden, unter Umständen auch mit Klagen in Millionenhöhe, als wegen eines möglichen Vergehens nach § 301 StGB. Da liegt eine Inhomogenität vor, und daher bin ich dafür, dass wir in diesem Fall der Auslieferung des Abgeordneten Pilz zustimmen – dies aber auch noch aus einem anderen Grund.

Herr Kollege Pilz hat gestern in seinem Debattenbeitrag geradezu inständig darum gebeten, ausgeliefert zu werden. Er hat sich zwar in seiner eigenen Partei nicht durchgesetzt, hat aber inständig darum geworben: Gebt mir die Möglichkeit, vor Gericht meine Schuldlosigkeit unter Beweis zu stellen!

Ich persönlich werde dieser Bitte nachkommen, denn es gibt zwei Möglichkeiten und Erklärungen: Zum einen die, dass Herr Kollege Pilz das gar nicht ernst gemeint hat, dass er sozusagen eine Mentalreservation begangen hat, also heuchlerisch gewesen sein könnte und gebeten hat, "Liefert mich aus!" – im Bewusstsein oder in der Gewissheit, dass er ohnehin nicht ausgeliefert wird. Dann hat er aber eine Auslieferung verdient. Oder aber im anderen Fall, wenn es ihm tatsächlich ernst war – und dafür spricht auch einiges –, dann soll es nicht so sein, dass Herr Kollege Pilz hier eine Fehlbitte leistet. Zumindest ich werde dieser Bitte nachkommen und einer Auslieferung zustimmen. (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich darf auch noch einen anderen Gesichtspunkt einbringen, weil immer wieder davon die Rede ist, welcher Bedrohung sich Kollege Pilz aussetzt. Zunächst möchte ich einmal festhalten, dass ich die Diskussion um eine allfällige strafrechtliche Verantwortung von Journalisten und der des Kollegen Pilz überhaupt nicht vermengen würde; das ist für mich vollkommen klar. Wir wissen, es gilt die Unschuldsvermutung. Meiner Überzeugung nach gilt die Unschuldsvermutung selbstverständlich für die Journalisten, denn wenn ein Journalist heute zu einer Pressekonferenz eingeladen wird, auf der irgendetwas geoffenbart wird, und er dann darüber schreibt, dann ist es doch überhaupt keine Frage, dass es sich dabei niemals um ein Vorsatzdelikt eines Journalisten handeln kann.

Also bitte: Der Versuch des Kollegen Pilz, sich hier in ein Boot mit den Journalisten zu setzen, um sozusagen auch die Journalisten "einzuladen", zu seiner Entlastung zu schreiben, weil sie auch strafrechtlich bedroht seien, entbehrt jeder Grundlage. Der Journalist, der wahrheitsgetreu über den Inhalt dieser Pressekonferenz geschrieben hat, hat selbstverständlich bona fide gehandelt, und es steht für mich außer Zweifel, dass, sofern ein derartiges Verfahren überhaupt eingeleitet wird, dieses mit einer sofortigen Einstellung zu enden hat.

Ob das auch für Kollegen Pilz gilt, wage ich allerdings zu bezweifeln, denn beim Kollegen Pilz kann man ja voraussetzen, dass er die einschlägigen Bestimmungen des Strafgesetzbuches, insbesondere wenn es um die Offenbarung von Geheimnissen geht, kennt. (Abg. Dr. Kräuter: Wie ist das mit Haider?)


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