Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 70. Sitzung / Seite 150

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Kollege Graf hat bereits vollkommen zu Recht darauf hingewiesen, dass es nicht nur, wie Kollegin Petrovic hier zu suggerieren versucht, um eine Auseinandersetzung auf gleicher Ebene – Politiker gegen Politiker – geht. In diesem Fall würde ich ihrem Standpunkt tatsächlich einiges abgewinnen können, aber es wurde eben auch ein Disziplinarerkenntnis geoffenbart, das einen Nicht-Politiker betrifft. (Abg. Dr. Kostelka: Redezeit!)

Diesbezüglich teile ich auch nicht die Auffassung des Verfassungsrechtlers Mayer, der meint, dass man in diesem Fall zwischen dem Geheimnisschutz auf der einen Seite und dem Recht auf freie Meinungsäußerung auf der anderen Seite abzuwägen hat und dass diese Abwägung zugunsten des Rechts auf freie Meinungsäußerung ausgeht, denn es ist eben eine alte Tradition – und das ist nicht nur im Beamten-Dienstrecht so festgehalten –, dass disziplinarrechtliche Verfahren unter Ausschluss der Öffentlichkeit abgehandelt werden. Es ist etwas anderes, ob jemand ein Disziplinarverfahren auf sich gezogen hat oder ob er strafrechtlich verfolgt wird, was dann in einer öffentlichen Hauptverhandlung abgehandelt wird.

Das ist beispielsweise auch bei den Apothekern so: Wenn ein Apotheker in ein Disziplinarverfahren verwickelt wird, läuft das unter Ausschluss der Öffentlichkeit ab; das ist auch bei den Anwälten so. Da gibt es das Bedürfnis des Einzelnen, des Betroffenen, nicht in der Öffentlichkeit durch den Kakao gezogen zu werden.

Das bedeutet: Es gibt sehr wohl eine rechtlich begründbare Unterscheidung zwischen einer Berichterstattung über ein strafrechtlich-öffentliches Verfahren und über ein Verfahren, in dem es um Disziplinardelikte geht, die doch in einem viel milderen Licht erscheinen, als wenn es um strafbare Handlungen geht, die von Amts wegen zu verfolgen sind.

Auch wenn man dieses Disziplinarerkenntnis, das die grüne Fraktion verteilt hat, durchliest, sieht man, dass immer wieder völlig unbeteiligte Personen mit einbezogen werden, dass beispielsweise irgendjemand wegen der Freundin, oder was weiß ich sonst noch, abgehört worden ist. Es ist sicher auch nicht angenehm für die Betroffenen, wenn sie sich dann in den Zeitungen wiederfinden. – Ich bin also der Auffassung, dass es sehr wohl gute Gründe dafür gibt, wieso man den Inhalt von internen Disziplinarverfahren nicht der Öffentlichkeit preisgibt.

Diese Bestimmungen sollte eigentlich ein Mandatar wie Herr Kollege Pilz kennen, und wenn er sie kennt, dann hat er sich eben auch der Verantwortung zu stellen. Ich möchte auch noch hinzufügen: Dieser § 301 StGB ist kein Paragraph, der am 4. Feber 2001 plötzlich in Kraft gesetzt wurde, um missliebige Oppositionspolitiker zu verfolgen, sondern das ist eine Bestimmung, die der damalige Justizminister Broda durch eine Regierungsvorlage im Jahre 1975 eingebracht hat und die vom Tatbild her ganz klar ist.

Ob Herr Kollege Pilz in den Genuss von Schuldausschlussgründen kommen wird, das würde man sehen, wenn er ausgeliefert wird.

Herr Kollege Pilz! Als Exit-Strategy würde ich Ihnen Folgendes vorschlagen, da es sich abzeichnet, dass Sie nicht ausgeliefert werden: Ist es Ihnen wirklich so ernst mit Ihrer Rehabilitierung vor Gericht? – Im Namen der Republik will er freigesprochen werden. – Sie sind so selten hier im Hohen Haus, Sie waren gestern gerade zur Dringlichen da, Sie haben sich jetzt "gütigerweise" eingefunden, weil es um Ihre Auslieferung geht. Sonst sieht man Sie nie hier! Sie sind wesentlich öfter im "Landtmann" bei Pressekonferenzen als hier im Hohen Haus. Ich meine daher, es wäre Ihnen ohne weiteres zumutbar, dass Sie von sich aus zwei oder drei Monate außerhalb des Hauses als Nicht-Abgeordneter verbringen und sich der Rehabilitierung Ihrer Person vor dem Strafgericht widmen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.33

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Pilz. Er hat das Wort. (Abg. Mag. Schweitzer: Legt er jetzt sein Mandat zurück? – Ruf bei den Freiheitlichen: Diese Größe hat er nicht!)

18.34

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Selten werden so offen Motive auf den Tisch gelegt wie in dieser Debatte. Naja, ich kann mir schon vorstellen,


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