thaler! Das hat jedoch mit Demokratie und Rechtsstaat nichts zu tun! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Und jetzt gibt es einen Staatsanwalt, dem ich zubillige, dass er am Anfang versuchte, in der Aufklärung der Spitzelaffäre etwas weiterzubringen. Er und viele andere Justizorgane sind täglich unter Druck gesetzt, beschimpft und verleumdet worden, auch von der Regierungsbank, auch vom Sitz des Klubobmanns her; wieder, wieder, immer wieder. Der Staatsanwalt hat nachgegeben, hat dem Druck nachgegeben, hat Verfahren eingestellt, ohne Zeugen zu hören, hat den Auftrag gegeben, den Wirtschaftspolizeibericht zu säubern, den Justizminister vollkommen aus der Schusslinie zu bringen, für Haider, für Stadler im Bericht alles in Ordnung zu bringen. (Abg. Dr. Khol: Das stimmt ja nicht!)
Dieser Staatsanwalt hat etwas getan, was diskussionswürdig ist. (Abg. Ing. Westenthaler: Dürfen wir wissen, was das mit der Auslieferung des Abgeordneten Pilz zu tun hat?) Er hat so genanntes totes Recht wieder zum Leben erweckt. § 301 StGB ist nach Auskunft des Justizministeriums jahrzehntelang totes Recht gewesen – aber nicht deshalb, weil er irgendwo gestorben ist, weil er altersschwach war, sondern weil Staatsanwälte immer wieder in ähnlichen Fällen – zu Recht! – überlegt haben, ob dieser Paragraph überhaupt in Übereinstimmung mit der Menschenrechtskonvention zu bringen ist, und bei der Abwägung gesagt haben: Nein, das geht nicht! – Plötzlich aber steht ein Staatsanwalt, dessen oberster Weisungsgeber Minister Böhmdorfer ist, in einer völlig geänderten justizpolitischen Situation auf und sagt: Menschenrechtskonvention interessiert mich nicht, Verfassung interessiert mich nicht, § 301 gilt, so wie er hier steht, und zwar ohne Rücksicht auf alles andere, und jetzt wird ausjudiziert und verfolgt!
Natürlich war das ein politischer Revancheakt: nicht nur gegen mich, sondern gerade auch gegen die Journalistinnen und Journalisten. Und jetzt ist die Frage: Wie soll der Nationalrat, wie soll die österreichische Öffentlichkeit, wie soll die Politik mit staatsanwaltschaftlicher Revanche unter Deckung des Justizministers umgehen? Das ist keine moralische Frage, sondern das ist eine ganz einfache politische Frage: Soll es möglich sein, durch den Einsatz der Immunität – und ich verstehe viele der Argumente der Kolleginnen und Kollegen, die sich für die Beibehaltung der Immunität, der beruflichen und außerberuflichen aussprechen – die angegriffenen Politiker von den Journalisten zu trennen und damit klar zu machen: Zuerst werden die Journalisten und Medien verfolgt, und wenn wir mit ihnen fertig sind, dann können wir immer noch dort ansetzen, wo Böhmdorfer seinerzeit bei seiner Pressekonferenz mit Jörg Haider vorläufig geendet hat, nämlich bei der direkten Bedrohung der politischen Opposition selbst. Und da erhebt sich die Frage, ob wir uns nicht rechtzeitig diesen Verfahren stellen sollen.
Ich habe eine Zusatzinformation, denn es geht ja noch weiter: Sonntagabend wird in der Sendung "Betrifft" im ORF über eben diese Meinungsfreiheit diskutiert. (Abg. Dr. Fekter: Da wollte er sich selber einladen!) Ich war einer derer, die eingeladen werden sollten. Heute gibt es eine Einladungsliste, und ich frage im ORF nach: Warum sitzt dort der Justizminister und kein einziger seiner politischen Kritiker, kein einziger Vertreter der politischen Opposition? – Die Antwort des ORF lautet: Weil Minister Böhmdorfer das zur Bedingung für seine Teilnahme gemacht hat. (Abg. Dr. Kostelka: Das darf ja nicht wahr sein! Skandal! – Abg. Ing. Westenthaler: Herr Präsident! All das gehört nicht zur Sache! – Weitere Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten aller Fraktionen.)
Über Medienfreiheit und Pressefreiheit darf im ORF nur noch diskutiert werden, wenn derjenige, der die Medienfreiheit mit Gesetzen einschränken will, gleichzeitig auch darüber bestimmen kann, wer an Diskussionen über die Medienfreiheit in den Medien teilnimmt. (Abg. Ing. Westenthaler: Können wir jetzt endlich einmal zur Sache kommen?) Meine Damen und Herren! Das geht zu weit, nicht nur im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)
Folgendes muss ich auch an einzelne Journalistinnen und Journalisten gerade im ORF richten: Die Einschränkung der Meinungsfreiheit bedarf zweierlei: jener, die die Meinungsfreiheit einschränken wollen – und jener, die die Meinungsfreiheit einschränken lassen. (Abg. Ing. Westenthaler: Es kann auch sein, dass der Pilz zu unwichtig ist!) Und nur wenn sich jene, die dort sitzen, wo die Meinungsfreiheit eingeschränkt werden soll, auch zur Wehr setzen, dann werden