es jene, die die Meinungsfreiheit einschränken wollen, etwas schwerer haben. Das als kleine Anmerkung nicht in Richtung der Journalistinnen oder Journalisten des ORF, sondern der dünnen Führungselite des ORF, die sich heute Einladungslisten kommen lässt, um diese politisch zu genehmigen oder abzulehnen. (Abg. Ing. Westenthaler: Der ORF muss eben auch auf die Quote schauen!)
Meine Damen und Herren! Ich komme zum Grundsätzlichen. Es gibt viele gute Argumente für die klassische berufliche und außerberufliche Immunität als Kollegialrecht. Ich habe hier eigentlich keinen Grund, dem Ausschussvorsitzenden auch nur unlogische Argumentation zu unterstellen. Das ist eine mögliche und für die Vergangenheit zum Teil auch sinnvolle Argumentation.
Ich meine allerdings – und deswegen nehme ich das Angebot einer neuen Generaldebatte über die Immunität auch gerne an –: Es hat sich Grundsätzliches geändert! Der österreichische Rechtsstaat ist meiner Meinung nach trotz der autoritären Wendeversuche, trotz Minister Böhmdorfer und trotz der zum Teil erfolgreichen Einflussnahmen in der Staatsanwaltschaft Wien letzten Endes – und davon bin ich überzeugt – stark genug, um allen freiheitlichen Missbrauchsversuchen zu widerstehen. (Abg. Ing. Westenthaler: Amen!) Das hat auch mit Österreichs Beitritt und Österreichs Integration in die Rechtskultur der Europäischen Union zu tun.
Mein zweites Argument lautet – und da stimme ich dem Kollegen Krüger durchaus zu –: Wenn es eine Immunität gibt, die kein politisches Privileg ist, dann ist es die unbeschränkte Rede- und Meinungsfreiheit hier in diesem Haus und nicht nur an diesem Pult. Das ist eine Analogie zum absoluten verfassungsrechtlichen Schutz der Privatsphäre und der Privatwohnung. Dem entspricht im Politischen der absolute Schutz der Debatten- und Meinungsfreiheit in diesem Hause.
Niemand aber kann mir mehr erklären, warum heute Abgeordnete außerhalb dieses Hauses besondere Rechte genießen müssen. Ich sehe keinen Grund! Ich denke, dass wir als Abgeordnete in der Lage sind, uns Angriffen auf unsere politische Tätigkeit außerhalb dieses Hauses mit rechtsstaatlichen Mitteln entgegenzusetzen und uns zur Wehr zu setzen. Und dort, wo es wirkliche Probleme, wirkliche Benachteiligungen und die Möglichkeit unfairer Verfahren gibt, gilt das für alle Menschen dieser Republik, für alle Bürgerinnen und Bürger. Wenn es im zivilrechtlichen Verfahren Riesenlöcher gibt wie etwa bei der Feststellungsklage zum § 1330 ABGB oder in einigen anderen Bereichen, dann reparieren wir das bitte gemeinsam für alle Bürgerinnen und Bürger dieser Republik.
Ich habe manchmal den Eindruck, dass das Interesse am Schutz für alle Menschen in Österreich in diesem Hause stärker und ausgeprägter wäre, wenn wir nicht einen besonderen Schutz außerhalb dieses Hauses genössen. Wären wir wirklich gleichgestellt, gäbe es wirklich außerhalb dieses Hauses vollkommene Chancengleichheit für alle im Rahmen des Rechtsstaates, dann wären wahrscheinlich einige wichtige Reformen zum Schutz des Einzelnen vor politischer und Justizwillkür längst schon, und zwar mit großer Mehrheit, in diesem Hause geschehen.
Genau das ist der Punkt, warum ich behaupte: Einzelfälle, die wir ab und zu diskutieren, sind eigentlich keine Einzelfälle, sondern Hinweise darauf, dass in einem modernen europäischen Rechtsstaat und auch in Österreich die Frage der Immunität auf andere Art und Weise und näher an den Rechten der Bürgerinnen und Bürger geklärt werden muss. Das ist meine Meinung, und darüber hat auch eine Diskussion im grünen Klub begonnen.
Es ist für mich und für alle anderen nicht das geringste Problem, einfach zu sagen: Ja, da gibt es unterschiedliche Meinungen, weil viele der Gründe, die für die außerberufliche Immunität sprechen, zumindest von anständigen Motiven und von einer gewissen Berechtigung aus der Vergangenheit getragen werden.
Meine Damen und Herren! Wenn ich am Ende meinen Appell erneuere, dann hat das auch mit dieser Situation im österreichischen Nationalrat zu tun, in der es, auch wenn noch nicht alles ausdiskutiert ist, offensichtlich zwei Optionen im Rahmen der Immunität gibt und es in diesem Haus über die grüne Fraktion hinaus zwei unterschiedliche Vorstellungen gibt.