Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 71. Sitzung / Seite 33

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Aus unserer Sicht handelt es sich um eine absolut katastrophale Entscheidung, die massive Probleme aufwirft, was unsere Glaubwürdigkeit hinsichtlich unserer Anti-Atompolitik und unserer E-Wirtschaft betrifft! (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Schieder. )

Ich bin auch froh darüber, dass der Herr Bundeskanzler bei der Diskussion über dieses Thema anwesend ist, denn wir haben in den letzten Wochen und Monaten ein bisschen das Gefühl bekommen, dass Anti-Atompolitik keine Chefsache mehr ist. (Abg. Großruck: Jetzt ist sie wieder eine!) Gerade dieser KELAG-Deal der drei Kärntner Parteien, der SPÖ, der Freiheitlichen und der ÖVP, verdient kritische Aufmerksamkeit.

Wer ist die RWE? Warum ist das so eine katastrophale Entscheidung? – Man muss sich das noch einmal vor Augen führen: Die RWE ist der größte Energiekonzern Deutschlands, der drittgrößte Europas, er produziert 20 Prozent seines Stromes in Atomkraftwerken (Abg. Mag. Schweitzer: 19! 19!), ist an sieben deutschen AKWs beteiligt, hat umfangreiche Verträge mit der französischen EdF, massive Interessen in Südosteuropa und ist nach dem Kauf des britischen Wasserversorgers auch der drittgrößte Player im internationalen Wassergeschäft.

Diese Firma hat jetzt 49 Prozent der Kärntner Energiegesellschaft übernommen. Was ist die KELAG bisher gewesen? – Die KELAG war das bislang sauberste Energieversorgungsunternehmen Österreichs: zu 85 Prozent Wasserkraft, große Trinkwasserressourcen – Karawanken, Speicherkraftwerke, Speicherseen mit Trinkwasserqualität –, und all das wurde nun "ausverkauft"!

Der Verkauf wurde in der Kärntner Landesregierung und auch im Landtag völlig unkritisch beurteilt. In der Landtagssitzung hat es nicht einmal eine Debatte darüber gegeben. Es waren sich alle drei Parteien darin einig, einen wesentlichen Teil unserer Anti-Atompolitik für 4,2 Milliarden Schilling einfach zu versenken! (Beifall bei den Grünen.)

Die Einstellung der österreichischen Bevölkerung ist allen Anwesenden, glaube ich, sehr wohl bewusst. Wir wissen, dass 91 Prozent der Menschen in Österreich den Import von Atomstrom generell ablehnen und dass 87 Prozent auch den Verkauf von österreichischen Energieunternehmen an ausländische Atomkonzerne massiv ablehnen.

Jetzt stellt sich die Frage: Wie kommen drei Parteien in Kärnten dazu, eine derartige Bankrotterklärung der Umweltpolitik, der Anti-Atompolitik und der Energiepolitik einfach so über die Bühne gehen zu lassen, obwohl sie noch Monate vorher – eigentlich nur knapp zwei Monate vorher! – ganz andere Töne angeschlagen haben?

Konkret: Der Kärntner Landeshauptmann, der sich in der Vergangenheit vollmundigst gegen Temelin ausgesprochen hat, der mit dem Helikopter an die Grenzen gereist ist, der davor gewarnt hat, dass Österreich von ausländischen Atomkonzernen beherrscht werden könnte, und der sogar die Steirer gegeißelt hat, weil diese bereits 25 Prozent ihrer Energiegesellschaft an einen Atomkonzern verkauft haben, und der gesagt hat, diese hätten keinen Platz mehr in einer sauberen österreichischen Lösung, dieser Landeshauptmann macht einen Salto mortale und zwei Monate später genau das, was er vorher in den harschesten, schärfsten und kritischsten Worten gegeißelt hat. Er verkauft einen Teil unserer E-Wirtschaft an einen deutschen Atomkonzern, der, wie gesagt, massive strategische Interessen in Richtung Südosteuropa hat und sich im Vertrag auch noch ausbedungen hat, dass – das muss man sich einmal auf der Zuge zergehen lassen! – die KELAG die Betriebsplattform der RWE für Österreich werde.

Also: Die KELAG wird die Vertriebsplattform für Atomstrom aus Frankreich und Deutschland für Österreich und Südosteuropa!

Dass das unsere Verhandlungsposition schwächt und unsere Bemühungen im Bereich Anti-Atompolitik massiv konterkariert, da es in Slowenien, in Tschechien natürlich verfolgt wird, ist doch klar! Wie will man denn weiterhin gegen Krško oder gegen Temelin oder gegen Mochovce vorgehen, wenn sich die KELAG in einem Vertrag als die Vertriebsplattform für ausländischen Atomstrom verpflichtet?


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