Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 72. Sitzung / Seite 97

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Hearing stelle, so wäre es für die Mehrheitsparteien ad infinitum möglich, Kandidaten für die Volksanwaltschaft, die der Minderheit angehören und der Mehrheit unliebsam sind, von einer Teilnahme an der Volksanwaltschaft auszuschließen. Das wiederum würde bedeuten, dass man die Minderheitsrechte, die in dieser Bestimmung gewährleistet sind, nicht mehr hätte und das Ganze ad absurdum geführt wird.

Das heißt: Wenn man sich einer derartigen Diskussion stellt, dann kann man es sich nicht so einfach machen, nur zu sagen: Wir machen ein Hearing, und damit habe ich der Demokratie Genüge getan!, sondern man müsste auch sicherstellen, dass jener Kandidat, der von der Minderheit namhaft gemacht worden ist, trotz Ablehnung durch die Mehrheit Volksanwalt werden könnte. Ich glaube, darin besteht die wirkliche demokratiepolitische Problematik, die es zu lösen gilt. Man soll sich Diskussionen in diese Richtung an sich nicht verschließen, jedenfalls aber dem ursprünglichen Gedanken des Gesetzgebers, nämlich dass die Bestellung eines Volksanwaltes auch für die Minderheitsparteien gewährleistet sein muss, weiterhin folgen.

Daher wird es für den vorliegenden Vorschlag unsere Zustimmung geben, weil wir glauben, dass in der momentanen Regelung auch die Minderheitsposition vertreten ist und damit letztendlich gewährleistet ist, dass dieser Minderheitsposition zum Durchbruch verholfen wird.

Zweite Argumentationslinie: Ich bin der festen Überzeugung, dass ein Volksanwalt ein Politiker sein muss, weil die Politiker letztendlich das Bindeglied zwischen den exekutiven Organen und der Bevölkerung darstellen. Würde man daher bei einem Hearing lediglich die fachliche Qualifikation als Jurist einbringen, dann würde man dem politischen Ansatz der Volksanwaltschaft, nämlich Mittler zwischen Bürger und Exekutive zu sein, nicht genügen.

Man sollte nicht immer so tun, als sei alles, was von der Politik kommt, a priori schlecht, sondern hier ist der Berufspolitiker gefragt, als Mittler aufzutreten. Er sollte auch Angehöriger einer politischen Partei sein, weil damit gewährleistet ist, dass auch die Minderheitspositionen in diesem Gremium eine Vertretung finden.

Man kann beim vorliegenden Vorschlag zunächst einmal davon ausgehen, dass es sich um gestandene Politiker handelt, die wir alle kennen. Man kann dem einen gegenüber mehr Sympathien hegen als dem anderen gegenüber, aber letztendlich ist es ein Vorschlag, der einerseits die Minderheitsposition berücksichtigt, andererseits aber auch die Voraussetzung für eine politische Positionierung schafft, und zwar die Möglichkeit, der Volksanwaltschaft einen politischen Auftrag mitzugeben, nämlich Mittler zwischen Bürger und Exekutive zu sein.

Die Personen, die zur Wahl stehen, haben in diesem Hause einen gewissen Bekanntheitsgrad, daher steht, wie ich glaube, einer Zustimmung zu diesem Vorschlag nichts entgegen, wiewohl eine Diskussion über den Bestellungsmodus in Zukunft durchaus fruchtbringend wäre, einen Bestellungsmodus mit der Sicherheit, dass die Minderheitspositionen, wie sie derzeit Verfassungsbestand sind, auch weiterhin aufrechterhalten werden. (Beifall bei der SPÖ.)

14.14

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Khol. – Bitte.

14.14

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als Erstes möchte ich den anwesenden Volksanwälten, Frau Korosec und Herrn Schender, sehr herzlich für ihre Arbeit danken. Es war für uns alle ein Vergnügen, mit Ihnen zusammenzuarbeiten, und wir wünschen Ihnen für Ihren weiteren Lebensweg alles Gute! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Die Österreichische Volkspartei wird – das wird das Auditorium nicht wundern – den Gesamtvorschlag, den der Hauptausschuss des Nationalrates für die Wahl der Mitglieder der Volksanwaltschaft erstellt hat, unterstützen.

Ich bin im Jahre 1972 – noch als Beamter des Europarates – von Stephan Koren, dem damaligen Klubobmann der Österreichischen Volkspartei, eingeladen worden, als Experte jenem Ver


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