Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 72. Sitzung / Seite 102

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sondere Art so qualifiziert ist wie Mag. Stadler. Das ist Ihre Angelegenheit, aber Angelegenheit des Nationalrates ist es, ein längst überkommenes Proporzsystem endlich zu reformieren. Wir ersuchen Sie, in diesem Sinne unserem Entschließungsantrag zuzustimmen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

14.33

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, steht in einem ausreichenden Zusammenhang mit dem gegenständlichen Tagesordnungspunkt und damit auch mit zur Verhandlung beziehungsweise dann zur Abstimmung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Krüger. – Bitte.

14.34

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Ich darf unmittelbar an die Ausführungen des Kollegen Pilz anschließen und den soeben eingebrachten Entschließungsantrag rechtlich würdigen.

Herr Kollege Pilz! Das, was Sie vorgelesen haben, beinhaltet drei Änderungen: freie Wahl der drei Volksanwälte durch den Nationalrat, kein Entsendungsrecht der politischen Parteien und ein Hearing.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieser Antrag disqualifiziert sich selbst, disqualifiziert sich nämlich deshalb selbst, weil bei konsequenter Auslegung dieser drei Prämissen die Mehrheit des Nationalrates alle drei Volksanwälte bestellt.

Herr Kollege Pilz, ich weiß nicht, ob es Unvermögen ist, einen Entschließungsantrag zu formulieren, oder ob es Ihrer tieferen Absicht entspricht, einen derartigen Mehrheitsantrag einzubringen, der dazu führt, dass per se die Opposition von einer Funktion in der Volksanwaltschaft ausgeschlossen wird. – Also ein hanebüchener Unsinn, Herr Kollege Pilz – auch aus Ihrer Sicht! (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Schwarzenberger. )

Ich komme zum Zweiten: Wenn Sie das zugegebenermaßen in der Bevölkerung scheel angesehene Wort "Proporz" hier mit einbeziehen und von "Volksanwälte-Proporzparteien" sprechen, möchte ich dem entgegenhalten, dass "Proporz" nichts anderes bedeutet als "Verhältnismäßigkeit". Und es ist eines unserer Grundprinzipien, eines unserer demokratischen Grundprinzipien, dass die Willensbildung im Hohen Haus nach der Verhältnismäßigkeit stattfindet.

Sehr geehrter Herr Kollege Pilz! Da können Sie es drehen und wenden, wie Sie wollen, auch die Grünen sind selbstverständlich eine Proporzpartei des Hohen Hauses. (Ruf bei den Freiheitlichen: Und werden überproportional gut behandelt!)

Ich darf Ihnen ein Drittes sagen: Üblicherweise geht man daran, eine Änderung, eine gesetzliche Änderung herbeizuführen – insbesondere dann, wenn sie sogar die Bundesverfassung anlangt, mit der man ja eher behutsam umgehen soll, was nicht immer geschieht, wie ich gerne einräume –, wenn es einen sichtbaren Änderungsbedarf gibt, wenn es Mängel in der Gesetzgebung, in einem Gesetz gibt. Mir persönlich ist jedoch keine Materie bekannt, die hier derart unstrittig administriert worden wäre wie jene der Volksanwaltschaft. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir führen doch immer wieder Diskussionen über die Berichte der Volksanwaltschaft durch. Mir sind keine besonders kritischen Bemerkungen aus der grünen Fraktion in Erinnerung.

Was mich doch empört hat, ist, dass Sie hier davon gesprochen haben, es gehe um die Entscheidung, ob der Nationalrat beziehungsweise der Hauptausschuss Parteianwälte oder Volksanwälte wählt. – Ich muss Ihnen eines sagen: Das ist eigentlich eine Beleidigung in zweifacher Hinsicht: Da wird ein Unterschied herausgearbeitet und suggeriert, jemand, der einer politischen Partei zugehörig oder Mandatsträger ist, sei per se ungeeignet zum Volksanwalt, weil er eben eine politische Funktion hat, und nur jemand, der sozusagen keiner politischen Partei angehört,


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