Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 72. Sitzung / Seite 158

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesminister Gehrer. – Bitte, Frau Bundesminister.

18.42

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Der Beitrag des Herrn Kollegen Antoni zu dieser Debatte über die Integrationsmöglichkeit für Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf hat mich wirklich sehr betroffen gemacht; betroffen deswegen, weil ich glaube, dass wir in diesem Bereich, in diesem sehr sensiblen Bereich auf eine sachliche Basis zurückkommen sollten. Sie sprechen davon, dass wir, diese Regierung, die Kinder diskriminieren. Wir diskriminieren niemanden! Wir wollen gerade den Kindern, die ein spezielles Handicap haben, die bestmögliche Förderung und die bestmögliche Unterstützung geben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Sie haben davon gesprochen, dass vor acht Jahren die Integration in die Regelschule endlich erreicht worden ist und damit diese Segregation ein Ende hat. Ich möchte wirklich einmal bitten, nicht immer die Sonderschulen und die Sonderschullehrer zu diskriminieren, die beste Arbeit leisten, die sich tagtäglich für ihre Schüler und Schülerinnen einsetzen.

Ich möchte auch klarstellen, dass ein Kind – egal, ob es in einer Förderklasse an einer Sonderschule oder ob es in einer Integrationsgruppe an einer Volksschule, an einer Hauptschule unterrichtet wird – immer nach einem Sonderschullehrplan unterrichtet wird, weil es notwendig ist und weil es nicht zielführend wäre, das Kind nach dem Lehrplan der Volksschule, nach dem Lehrplan der Hauptschule zu unterrichten.

Ich bitte Sie auch, einmal zur Kenntnis zu nehmen, dass Kinder mit Teilleistungsschwächen, wie Sie immer sagen – ob das Legastheniker sind oder ob es Kinder sind, die eine Rechenschwäche haben –, nicht mit sonderpädagogischem Förderbedarf versehen werden. Sie erhalten Förderungen in der Schule, und viele von diesen Kindern kommen bis zur Matura. Wir haben sogar ein eigenes Rundschreiben gemacht, dass man darauf besondere Rücksicht nehmen soll.

Das heißt, Kinder, die einen sonderpädagogischen Förderbedarf haben, sind entweder sinnesbehinderte Kinder, körperbehinderte oder geistig behinderte Kinder. Sinnesbehinderte Kinder und körperbehinderte Kinder können dann, wenn sie das Schulziel erreichen, in jede weiterführende Schule gehen.

Wir schaffen auch die Voraussetzungen dafür, und zwar dort, wo es notwendig ist. Wozu muss man in jeder Schule einen Treppenlift einbauen? Wir machen es dann, wenn wir ein körperlich behindertes Kind an dieser Schule haben. Wir haben eine eigene Handelsakademie und Handelsschule in Wien für körperbehinderte junge Menschen! Ich bitte Sie, das wirklich zur Kenntnis zu nehmen. (Abg. Haidlmayr: Das ist auch eine Sonderschule! Das muss abgeschafft werden!)

Meine Damen und Herren! Ich bin der Überzeugung, dass wir den jungen Menschen jene Ausbildung geben müssen, die ihren Fähigkeiten entspricht, dass Integration nicht etwas ist, was ganz eng nur auf die Schule hin gesehen werden kann. Es muss doch unser Anliegen sein, dass wir den jungen Menschen, gerade denen, die eine geistige Behinderung haben, die Integration ins Leben, in die Gesellschaft, in eine berufliche Tätigkeit ermöglichen.

Diese Integration wird durch sehr viele Projekte unterstützt, die vom Arbeitsmarktservice, die von "Jugend am Werk" in ganz Österreich angeboten werden.

Vom Arbeitsmarktservice wird auch die Anlehre als Versuch angeboten. Ich würde mich sehr freuen, wenn die Sozialpartner, speziell die Vertreter der Arbeiterkammer, speziell die Vertreter der SPÖ, sich dazu durchringen könnten, dieser Anlehre, die gerade für Kinder mit Defiziten ein besonderes Angebot zur Ausbildung zu einem qualifizierten Helfer darstellt, endlich die Zustimmung zu geben! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wir haben die Arbeitsassistenz, die berufliche Betreuung, die Berufsorientierung, die Berufsqualifizierung, Beschäftigungsprojekte, Job-Coaching und vermittlungsunterstützende Maßnahmen – all das für Kinder mit Defiziten, die vielleicht neun Jahre, zehn Jahre oder elf Jahre lang


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite