Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 72. Sitzung / Seite 167

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Wir werden heute zustimmen, weil es ein minimaler Fortschritt ist, dass der Polytechnische Lehrgang endlich auch für behinderte Menschen ins Regelschulwesen übernommen werden soll und wird. Aber das, Frau Ministerin, kann nur ein ganz, ganz kleiner Anfang sein. Das muss sich durch alle Bildungsmöglichkeiten hindurch ziehen, das muss selbstverständlich werden!

Frau Ministerin! Ich möchte Ihnen noch etwas sagen, und zwar Folgendes: Sie verkennen die Situation gröblichst, wenn Sie sich auf der einen Seite mit dieser so genannten Behindertenmilliarde brüsten, wodurch Menschen auf dem Arbeitsmarkt integriert werden sollen, und wenn man diesen Menschen auf der anderen Seite das Recht auf Bildung verweigert. Sie müssen zuerst Bildung zulassen, damit die Chance, auf dem ersten Arbeitsmarkt tätig zu werden, auch wahrgenommen werden kann. Ohne Bildung wird es nicht gehen, Frau Ministerin.

Das gilt auch für Kinder mit erhöhtem sonderpädagogischem Förderbedarf. Ich verwende den Begriff "geistig behinderte Menschen" nicht – auch Sie werden wahrscheinlich das Buch von Georg Feuser gelesen haben. Geistig Behinderte gibt es nicht, jeder Mensch ist so, wie er ist; es geht nur um die Toleranz und die Akzeptanz.

Frau Ministerin! Ein gemeinsames Leben, ein gemeinsames Lernen ist eine Bereicherung für alle, nicht nur für behinderte Menschen, sondern auch ganz besonders für nicht behinderte Menschen, denn diese haben die große Chance, dass gemeinsam auch ein soziales Lernen gelernt wird und nicht lauter Einsteins ausgebildet werden. Das soziale Lernen, die Toleranz in unserer Gesellschaft sind wichtiger denn je. Machen Sie das möglich, und machen Sie es nicht wieder kaputt! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

19.18

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Hetzl. – Bitte.

19.18

Abgeordneter Mag. Gerhard Hetzl (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Die Absicht, Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf in die Lage zu versetzen, ein Berufsvorbereitungsjahr im Regelschulwesen zu bekommen – wie in der ursprünglichen Fassung vorgesehen gewesen –, wäre ein wesentlicher Fortschritt in Fragen der Integration. Man schafft damit Zukunftschancen für eine Gruppe unserer Gesellschaft, der man ebenfalls das Recht zugestehen muss, einen Schulabschluss zu bekommen und damit auch Berufschancen für die Zukunft eröffnet zu bekommen. Integration sicherzustellen und weiterzuentwickeln, das war das Ziel der Vorlage.

Nun hat sich auf Grund verschiedener Anträge die Situation geändert. Wir stehen selbstverständlich zu unserem Vorschlag. Die Haltung der SPÖ hingegen war in den letzten Tagen äußerst wankelmütig. Wir wissen auch jetzt noch nicht, wie Sie sich verhalten werden und wie Sie abstimmen werden. Wir hoffen, es geschieht im Interesse einer künftigen Integration.

Gestern Vormittag war es noch Totalopposition, dann ist einmal kurz weißer Rauch aufgestiegen, man konnte das auch in der Tagespresse nachvollziehen. Am heutigen Tag findet sich auf der Titelseite der Zeitung "Die Presse": "Verhaltensregeln an den Schulen: Die SPÖ stimmt überraschend zu". Es hat also den Anschein gehabt, dass das alles erledigt ist und damit ein weiterer Fortschritt erzielt werden kann. Aber bereits heute in der Abendausgabe des "Kurier" für morgen, also noch am selben Tag, findet sich noch etwas größer auf der Titelseite: "Nicht genügend, setzen: SPÖ blockiert Schulgesetz". – So reagiert also die Presse und wahrscheinlich auch ein großer Teil der Öffentlichkeit auf die Haltung der SPÖ in diesen schulpolitischen Fragen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Gestern waren es noch Antoni und Kostelka, die verhandelt haben, dann hat vermutlich der designierte Klubobmann Cap sein Rohrstaberl bereits ausgepackt und es heute einmal ausprobiert. Heute waren es also bereits Cap und Gusenbauer, morgen wird es wer auch immer sein, der mit uns in Schulangelegenheiten verhandeln wird. Das Ergebnis ist immer dasselbe: Es ist kein Verlass, es fehlt die Handschlagqualität. Da Sie den Vertrag sogar unterschrieben haben, würde Ihr Verhalten in der Wirtschaft einen klassischen Fall von Vertragsbruch darstellen. (Abg. Heinisch-Hosek: Das ist kein Vertrag! – Abg. Achatz: Die Unterschrift ist aber drauf!


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